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Holger Artus

Anleger interessiert nur die Rendite – Aufstieg, Fall und Wiederaufstieg von David Montgomery

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Aus aktuellem Anlass recherchierte ich zum britischen Unternehmen Mecom, dass von David Montgomery 2005 gegründet wurde und die größte Pleite im europäischen Zeitungsmarkt hinlegte. Die MOPO gehörte von 2006 bis 2009 dem britischen Unternehmer/n. Montgomery war 2010 seines Vorstandsposten enthoben worden. 2016 war Mecom komplett abgewickelt.

Je mehr Fakten ich zusammentrug, um so mehr stolperte ich über seine Täuschungen. An was er dachte, war auf jeden Fall seine Kohle. Ob er ein besonders knallharter „Sanierer“ in seiner Zeit als CEO der Mirror Group (1991-1999) war, habe ich nicht überprüft, da die damalige Ausgangslage die Veruntreung von Geldern, Bilanzfälschung u.a.m von Robert Maxwell (1991) war. Er bekam für seine damals vermeintlich „harte“ Vorgehensweise manch Titel zugeschrieben. Es dürfte ihm gefallen haben.

Ich erinnere mich, wie der MOPO-Geschäftsführer unter Mecom mir sagte: „Stellen Sie mich nur schön böse dar, Montgomery wird mich dann loben, dass ich alles richtig machen.“ Ich weiß nicht mehr, was ich erwidert hatte, aber vermutlich in die Richtung, dass Montgory am deutschen Markt keine Chance hat und er sich selber als Geschäftsführer fragen sollte, welches Bild künftig über ihn in den Medien erzählt würde. Es kann aber auch sein, dass ich in die Richtung geredet hatte, dass die Publizität unsere Rolle und Glaubwürdigkeit stärkt. Aus damaligen Gesprächen mit britischen Journalisten, die an Montgomerys Gesprächskreise zu Bilanzergebnissen u.a.m. teilnahmen, war mir klar, dass er sich sehr anstrengen musste, seine Geschichten zu erzählen. Ich konnte über sie meine Fragen an ihn stellen, ohne dass er es merkte. Ich konnte mit ihnen reden, so dass sie ihn auch zwischendurch anfragten. In Deutschland wurde auf die Kommunikationsagentur verwiesen. Nach seinem erzwungenen Rücktritt 2010 wetterte er im SPIEGEL und in der Times gegen uns. Er hatte unser Vorgehen weder begriffen noch durchschaut.

Über den Auf- und Abstieg von David Montgomery, der sein Geschäft danach aber fortsetzen konnte

Von 1992 bis 1999 war David Montgomery CEO der Mirror Group (heute Reach plc, damals Robert Maxwell), bis er entlassen wurde. Zusammen mit dem Finanzinvestor „3i“ gründete er im März 2000 das Unternehmen Mecom UK Management Company, um für „3i“ Unternehmen zu sondieren, in die man als privater Geldgeber einsteigen könnte. Ziel war es, über spätere Verkaufserlöse hohe Renditen zu erzielen.

Montgomery schrieb 2019, dass er Mecom 2000 gegründet hätte. In unseren damaligen MOPO-Betriebsrats Infos hatten wir auch immer von 2000, manchmal auch ein späteres Kalenderjahr, geschrieben. Aber wirklich klar wussten wir es nicht. Diese Gesellschaft, auf die sich Montgomery 2019 bezog, war eine Gesellschaft mit dem Finanzinvestor, „3i“, in der er 75 % und „3i“ 25 % der Anteile hielten.

Aber mit Mecom hatte sie nichts zu tun, daraus entstand Mecom nicht. Wenn ich das heute lese, wie Montgomery seine eigene Geschichte vortäuschte, sagt es für mich viel über ihn aus. Er war wesentlich für den Niedergang von Mecom und die Entwertung der Aktie verantwortlich.

Seit 2004 Berater für „3i“

In Irland war Montgomery als Berater für 3i tätig. 2004 hatte 3i mit dem Investmentvehikel Local Press Group die nordirischen Zeitungsverlage Century Press and Publishing sowie die Derry Journal Group gekauft. Der Kaufpreis lag bei 46,3 Millionen Pfund (69 Millionen Euro). Montgomery war Presseberichten zufolge zu fünf Prozent an der Local Press Group beteiligt.

Bereits zwei Jahre später wurde das Paket für 65 Millionen Pfund an die Johnston Press aus Edinburgh weiterverkauft. Montgomery selbst soll dabei rund 900.000 Pfund erlöst haben.

Mecom wird 2005 gegründet

Im Februar 2005 gründete Montgomery die Gesellschaft „DMWSL 456 PLC“, die er einen Monat später in Mecom Group PLC umbenannte. Ende März 2005 startete Mecom am Alternative Investment Market (AIM) der Londoner Börse. Institutionelle Anleger stiegen ein und investierten in das Wachstum der Gruppe, in der Hoffnung auf langfristige Renditen.

Wachstum von Mecom in Europa ab 2005

Zum 25. Oktober 2005 wurde Montgomery mit seinen 14,96 % Miteigentümer am Berliner Verlag, während die Mehrheit bei VSS lag.

Im Januar 2006 wurde die Hamburger Morgenpost von dem Konsortium übernommen. Der Kaufpreis für beide Titel lag bei 160 Mio. €.

Im März 2006 erwarb Mecom die Media Groep Limburg in Sittard/Niederlande für 200 Mio. €.

Im Juli 2006 übernahm Mecom in Norwegen Orkla Media mit seinen Regional- und Lokalzeitungen für 970 Mio. €. Zum Portfolio gehörte unter anderem die polnische Rzeczpospolita, die zweitgrößte überregionale Tageszeitung. Da die Berlingske Tidende und deren Lokalzeitungen in Dänemark bereits zu Orkla Media gehörten, fielen auch sie an Mecom.

Im März 2007 übernahm Montgomery schließlich auch die Anteile von VSS am Berliner Verlag und an der Hamburger Morgenpost für 152 Mio. €.

Ab Mai 2007 übernahm Mecom über mehrere Aufkäufe 87 % der Wegener-Gruppe in den Niederlanden für mehr als 800 Mio. €. Die Finanzierung erfolgte bei Orkla und Wegener über Aktientausch und Kredite. Diese Kredite belasteten die jeweiligen nationalen Gesellschaften.  

Mit der Weltwirtschaftskrise 2007/2008 brachen neben den strukturellen Medienumbrüchen auch die Nachfragemärkte ein. Mecom geriet Schritt für Schritt in eine Finanz- und schließlich in eine Strategiekrise. 2014/2015 war die Mecom Group plc Geschichte: Die Aktie stürzte ab, Investoren verloren Millionen. Ab 2008 musste Mecom Teile seiner Akquisitionen wieder verkaufen, um den Schuldenberg von über 600 Mio. Pfund zu reduzieren.

Was wurde aus Mecom?

2009 erwarb die DuMont Mediengruppe das Deutschland-Geschäft von Mecom. David Montgomery musste im September 2010 unter dem Druck der Aktionäre als Vorstandsvorsitzender von Mecom zurücktreten und schied zum Januar 2011 aus dem Unternehmen aus. „Auf Druck bestimmter Aktionäre hat er sich entschieden, das Unternehmen zu verlassen“, erklärte Mecom.

Im  Juni 2012 übernahm die norwegische Amedia (damals A-pressen) die Mecom-Aktivitäten in Norwegen. 2014 kaufte die belgische DPG Media (damals als De Persgroep) die letzten großen Aktivitäten von Mecom in den Niederlanden und Dänemark – insbesondere Koninklijke Wegener (eine große niederländische Regionalzeitungsgruppe) und Berlingske Media (ein bedeutendes dänisches Verlagshaus) – für 196 Mio. Pfund. Andere kleinere Beteiligungen in Deutschland, Norwegen, Polen und der Ukraine waren bereits vorher verkauft worden. 

Mecom wird 2016 liquidiert

Die Liquidation von Mecom wurde am 17. März 2016 eingeleitet und am 2. Dezember 2016 wurde es aus dem britischen Register endgültig gelöscht.

Im Dezember 2024 verkaufte DPG Media die ehemalige dänische Mecom-Aktivität an die norwegische Amedia.

Nach nur zehn Jahren war Mecom damit aus dem operativen Mediengeschäft vollständig verschwunden.

Montgomery und die weitere Konsolidierung des britischen Medienmarktes ab 2013

Trotz seines Rauswurfs bei der Mirror Group, trotz des kompletten Zusammenbruchs der Mecom Group plc und der vollständigen Entwertung der Aktie blieb David Montgomery als Investor im Medienmarkt aktiv. Eigentümer und Anleger in England setzten weiter auf ihn.

2013 wurde Montgomery Geschäftsführer der Local World Group, die aus der Fusion von Daily Mail & General Trust’s Northcliffe Media und Iliffe News & Media hervorgegangen war. Sie wurde zum viertgrößten Regionalzeitungsverlag in Großbritannien. Im Oktober 2015 kaufte Reach PLC (damals Trinity Mirror) Local World für 220 Mio. Pfund und wurde damit zum größten regionalen Zeitungshaus Großbritanniens.

Danach gründete Montgomery im Mai 2019 die Carno Capital Ltd., an der er über 75 % der Anteile hielt. Im Juli 2019 wurde daraus National World PLC, das im September 2019 an die Londoner Börse ging. Ziel war der Erwerb von Medienbeteiligungen.

Im ersten Jahresbericht 2019 hieß es über ihn: „Er gründete die Mecom Group im Jahr 2000 und war bis Januar 2011 Vorstandsvorsitzender. Bei der Mecom Group arbeitete er an einer Reihe von Akquisitionen, um eines der führenden europäischen Verlags- und Content-Unternehmen zu gründen, erzielte erhebliche Kosteneinsparungen und begann mit der Entwicklung eines neuen, flexiblen Betriebsmodells, das auf die laufenden Veränderungen im Verbraucherverhalten – besonders erfolgreich bei Edda Media in Norwegen – zugeschnitten war.“

So kann man die Wirklichkeit verdrehen: Montgomery war wesentlich für den Niedergang von Mecom und die Entwertung der Aktie verantwortlich. Mecom dürfte die größte Medienpleite im europäischen Zeitungsmarkt gewesen sein.

Im Dezember 2020 kaufte National World als erstes die JPIMedia für 10,2 Mio. Pfund und führte sie später unter dem Namen National World Publishing Ltd. Im September 2023 folgte die Übernahme der Midland News Association für 11 Mio. Pfund. Damit entstand die viertgrößte Zeitungsgruppe in England mit mehr als 1.100 Beschäftigten.

Im Mai 2025 entschieden sich die Aktionäre von National World PLC für ein Übernahme-Angebot von Media Concierge, das eine Barkomponente von 23 Pence je Aktie und eine Gesamtbewertung von 65,1 Millionen Pfund beinhaltete. Das Board von National World hatte ein früheres geringeres Angebot noch abgelehnt, empfahl aber die verbesserte Offerte nach finanzieller Beratung den Aktionären zur Annahme, da sie einen signifikanten Aufschlag zum damaligen Börsenkurs bedeutete.

David Montgomery war ursprünglich gegen die vollständige Übernahme. Er versuchte, mit Unterstützung von Chelsea-Besitzer Todd Boehly, eine Fusion mit dem Telegraph zu erreichen, um selbst die Kontrolle zu behalten. Diese Pläne scheiterten jedoch, das Angebot von Media Concierge „überzeugte“ die Mehrheit der Aktionäre. Mit Abschluss der Übernahme am 27. Mai 2025 wurden Montgomery und weitere Führungskräfte aus ihren Positionen entlassen

Die Gruppe hat heute Publikationen in mehr als 200 Städten in Großbritannien und ist vielerorts die einzige Quelle für professionellen Journalismus. Rund 1.100 Beschäftigte arbeiten dort. Das Unternehmen wird seit Mai 2025 nicht mehr an der Stock Exchange geführt.

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