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Holger Artus

Erinnerungen eines IMI der Stadtreinigung, Sebastiano Re, der im Moorkamp 8 leben musste

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Diesen Text gab es seit 2022 als Entwurf. Da die Auffassung war, dass es zu wenig zur Bebilderung gab, habe ich mich nicht weiter darum gekümmert. Bei der Recherche zur Zwangsarbeit in der Stadtreinigung in der NS-Zeit war ich über den Betriebshof im Moorkamp 8 gestolpert. Jetzt hatte ich mir den Text zu Sebastiano Re noch einmal durchgesehen und lass, dass er für die Stadtreinigung arbeiten musste. Also habe ich sie online gestellt.

Ein Lagerplatz der Stadtreinigung in der NS-Zeit war am Moorkamp 8 in Hamburg-Eimsbüttel (Bezirk 1). Im Frühjahr 1942 war hier ein Sammelplatz für französsisce Kriegsgefangenen, die im Stadtteil den Schnee beseitigen. Die Stadtreinigung war dazu nicht mehr in der Lage, da Hitlers Krieg deutsche Arbeitskräfte von der Stadtreingung abzog oder sie in Hamburg im Luftschutz arbeiten mussten. Auf dem damaligern Lagerplatz waren Baracken als Lager gebaut worden.

Heute ist hier ein Parkplatz, der direkt entlang der u-Bahnstation Schlump auf der Seite zur Schäferkampsallee liegt.

Ab dem 8. Dezember 1944 lebten hier nachweislich 51 italienische Militärinternierte, die als Zwangsarbeiter eingesetzt wurden.

Einer von ihnen war Sebastiono Re, der für die Stadtreinigung zu diesem Zeitpunkt arbeiten musste. Er kam im Oktober 1943 nach Hamburg und wurde an verschiedenen Orten in Norddeutschland gezwungen, zu arbeiten. 2009 fand ein Gespräch mit Sebastiano Re über seine Erinnerungen als italienischer Militärinternierter statt. „Mein Name ist Re Sebastiano. Ich wurde am 18. März 1925 in der Provinz Catania geboren.” Nach der Gefangennahme ging es über Ungarn und Österreich nach Deutschland  Am 29. September 1943 erreichten sie das Kriegsgefangenen-Lager XB. Der Interviewer, Roman Herzog, stellte ihm die Fragen.

Wie lautete der Name dieses Lagers?

Sandbostel bei Bremervörde. Sie brachten uns ins Innere des Lagers.

Woher wussten Sie, dass es ein Kriegsgefangenenlager war?

Sie ließen uns aus dem Zug aussteigen, und da war dieses Lager mit all den Hütten. In jeder Baracke waren 600 Italiener untergebracht …, an jeder Ecke stand ein Deutscher mit einem Maschinengewehr.”

Bleiben wir noch einen Moment in Bremervörde. Wurden Sie gefragt, ob Sie mit den Nazi kooperieren möchten?

Keiner der Italiener hatte das akzeptiert, und sie haben gesagt, für uns Italiener ist der Krieg vorbei. Und wir werden mit niemandem streiten.“ Seine Zeit in Sandbostel war kurz: „Ich blieb eine Woche lang in diesem Lager. Nach einer Woche wurden wir wieder auf Viehwaggons verladen und nach Hamburg gebracht. Hier haben sie uns untergebracht … immer in Güterwaggons“ Auch wurden sie, wie Sebastiano Re es sagte,”… in den berühmten Lagerhäusern untergebracht.“ Er meinte damit die Lagerhäuser am Dessauer Ufer im Hamburger Hafen. „Nach einer  Woche frühmorgens kam ein Deutscher mit einer Liste und holte 60 Italiener ab, unter denen auch ich war und sagte, dass wir zur Arbeit gehen werden. Sie luden uns auf einen Lastwagen, ohne Plane, und wir fuhren von Hamburg aus los, etwa 40, 50 Kilometer außerhalb von Hamburg.” Ihre Fahrt führte sie in eine Zementfabrik in der Nähe von Itzehoe, der Alsen’sche Portland Zementfabrik.

“Dort gab es eine riesige Fabrik, die Zement und Kalk herstellte … In der Fabrik arbeiteten eine Baracke von Franzosen, eine Baracke von Russen und eine Baracke von Polen sowie 60 Italiener. Von den Deutschen gab es nur die Vorarbeiter. 

Und das Zwangsarbeitslager befand sich innerhalb der Fabrik?

Nein, nein. Die Baracken waren zwei, drei Kilometer von der Fabrik entfernt in einem Kiefernwald und wir schliefen in den Baracken, Italiener, jeder hatte seine eigene Baracke, Franzosen, Polen und Russen.

Alle zusammen?

Nein, nein, jeder für sich.”

Monate später wurden die IMI wieder nach Hamburg verlegt.

„Wo befand sich dieses, in der Stadt oder außerhalb?

Nein, nein, in der Stadt. Und ich glaube, in der Nähe der Sternschanze, da war die Eisenbahn, der Bahnhof. Sternschanze.” ( es handelte sich um das Lager im Moorkamp 8.)

Aus den Erzählungen von Sebastiano Re ergibt sich, dass er auch für die Großküche Hönisch in der Nähe des Lagers (Hinrichsstraße/Ecke Nagelsallee) gearbeitet hatte und später für die Stadtreinigung arbeiten musste.

Als Müllsammler?

Als Straßenkehrer.“

Zum Ende erklärte er noch, wie es ihnen nach der Befreiung erging. Das britische Kommando sorgte vor allem für eine bessere Versorgung, gesundheitliche Betreuung und bessere hygienische Verhältnisse. “Sie brachten uns in die Nähe des Bahnhofs, ein Schulgebäude.” Damit war das Lager in der Schule Schanzenstraße gemeint.

Der Interviewer, Roman Herzog, fragte ihn nach seiner finanziellen Lage während der Zeit in Hamburg: 

Haben Sie die Bezahlung für die Arbeit erhalten?

Nein, nichts.“

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