Am 8. September 2025 findet eine Kundgebung am Bullerdeich 19 vor der Stadtreinigung statt, um an die Zwangsarbeit italienischer Militärinternierter (IMI) im Unternehmen in der NS-Zeit zu erinnern. Die Stadtreinigung unterstützt die Erinnerungsaktivität umfassend. Ohne sie wäre es nicht zu dieser Aktivität gekommen.
Im Laufe der Recherchen sind neue Informationen aufgetreten, so dass man aus meiner Sicht von einer Erinnerung an die NS-Zwangsarbeiter:innen im Unternehmen sollte, nicht nur der IMI. Da sie der Ausgangspunkt waren und es hier die meisten Unterlagen gibt, stehen sie weiterhin im Mittelpunkt.
Ende September 1943/Anfang Oktober 1943 kamen tausenden italienische Militärinternierte nach Hamburg, um als Zwangsarbeiter unter der Bewachung der Wehrmacht hier zu arbeiten. Sie wurden so genannten Arbeitskommandos zu geteilt und lebten in Zwangsarbeitslager auf die Stadt verteilt. Neben den privaten Unternehmen haben auch Einrichtungen der Stadt sie angefordert. Das galt in erster Linie für die Versorgungsbetriebe von den Hamburger Gaswerken, den Hamburger Elektrizitätswerken, den Hamburger Wasserwerken, der Hamburger Hochbahn, Strom- und Hafenbau, der Stadtentwässerung oder der Stadtreinigung, aber auch im Gesundheitswesen. Insgesamt waren bis zur Befreiung über 17.000 italienische Militärinternierte in Hamburg.
Wer waren die italienischen Militärinternierten?
Es handelte sich um italienische Soldaten, die von der deutschen Wehrmacht nach dem Waffenstillstand der Alliierten mit der neuen italienischen Regierung gefangen genommen wurden. Viele italienische Soldaten legten nach dem Waffenstillstand ihre Waffen nieder und fuhren nach Hause, um bei ihren Familien zu sein. Auch sie waren im Visier der deutschen Wehrmacht. Rund 650.000 von ihnen sagten „Nein“ zur Aufforderung, weiter an der Seite der Deutschen Armee zu kämpfen. Sie wurden als Zwangsarbeiter vor allem nach Deutschland verschleppt. Um sich nicht an internationale Konventionen zur Behandlung von Kriegsgefangenen zu halten, wurden sie am 20. September 1943 durch Nazi-Deutschland zu „Militärinternierten“ erklärt.
Die Bereiche der Stadtreinigung
Die IMI der Stadtreinigung wurden in den Kernbereichen eingesetzt
- Müllabfuhr
- Müllverbrenngunsganlagen
- Betriebshöfe/Fuhrpark
- Straßenreinigung/Schneebeseitigung

Die Zwangsarbeitslager für die IMI der Stadtreinigung waren in den jeweiligen Kreises gelegen.
Kreis | Zwangsarbeitslager | Arbeitskommando | Anzahl der IMI zum September 1944 | |
Kreis 4 | Trabrennbahn Farmsen | Jarrestraße 66 | 36 | Müllarbeiten |
Kreis 1 | Moortwiete | 1575 | 27 | Müllarbeiten |
Kreis 1 | Schilleroper | 1578 | 17 | Müllarbeiten |
Kreis | Wendenstraße 268 | 1564 | 38 | Müllarbeiten |
Kreis | HindenburegstrasseAlsterdorf | 1621 | 18 | Müllarbeiten |
Kreis Harburg | zurzeit unbekannt | 880 | 23 | Müllarbeiten |
Verkehrwesen | zurzeit unbekannt | zurzeit unbekannt | 75 | |
Kreis 10 | zurzeit unbekannt | zurzeit unbekannt | 41 | |
Kreis 7 | zurzeit unbekannt | 1198 | 91 | |
Kreis 4 | zurzeit unbekannt | 1564 | 137 | |
Kreis 1 | zurzeit unbekannt | 1269 | 146 | |
649 |
Im August 1940 kam es zum ersten Einsatz ausländischer Arbeitskräfte bei der Stadtreinigung. Zum Winter 1942/1943 Stunden wurden für die Straßenreinigung/Schneebeseitung über 1.500 Kriegsgefangene eingesetzt. Ohne sie wäre der Teil der öffentlichen Ordnung nicht mehr möglich gewesen sein.
In der Müllabfuhr wehrten sich die Verantwortlichen lange aus rassistischen und völkischen Gründen gegen den Einsatz von Ausländern, aber mit dem Abzug „deutscher“ Arbeitskräfte zur Wehrmacht änderte sich der Anteil ständig. Im November 1943 waren noch über 800 deutsche Arbeitskräfte für die Stadtreinigung im Einsatz sowie 400 Zwangsarbeitern.
Schwerpunkte der Zwangsarbeit in der Stadtreinigung
Schwerpunkte der Zwangsarbeit bei den italienischen Militärinternierten in der Stadtreinigung waren die Müllabfuhr und der Straßenreinigung. Die MVA Kruppstraße/Ruhrstraße 49-55 war auch eine Betriebsstätte der Müllabfuhr. Hier arbeiteten nachweislich acht italienische Militärinternierte.

In der zweiten Müllverbrennungsanlage wurden auch NS-Zwangsarbeiter eingesetzt. Die Forschung spricht von 60 Personen, ob es IMI waren, ist zurzeit nicht bekannt.
Luigi Malvassari | 15.11.1921 |
Giovanni Moras | 21. 05.1914 |
Marino Cettorin | 21.05.1914 |
Ruggero Tonnette | 14.01.1931 |
Giovanni Mulini | 10.11.1919 |
Giovanni Coneiani | 10.04.1919 |
Martino Segan | 04.03.1918 |
Rattista Raggi | 22.11.1914 |
Für den Bereich der Kraftwagen-Reparatur ist kein IMI bekannt.
Von der Stadtreinigung zum Aufräumungsamt
Der Umfang und die Arbeit der italienischen Militärinternierten bei der Stadtreinigung veränderte im Verlauf des Krieges von Sommer 1943 bis zum April 1945. Auf der einen Seiten reduzierte sich die Anzahl der LKWs der Müllabfuhr. Im November 1944 waren es z.B. noch ganze neun. 1939 waren es noch 22. Durch den Verlauf des Krieges wurden IMI von der Stadtreinigung abgezogen, da man sie für die Rüstungsproduktion einsetze. Die Müllabfuhr wurde selber war nur schwer aufrecht zu erhalten und durch den Grad der Zerstörung der Stadt ging es vor allem darum, neben dem Abtransport der Trümmer die Steine oder das Eisen wieder zu verwerten. Dafür wurde im April 1944 das Aufräumungsamt gegründet, in dem die Stadtreinigung eine Abteilung war.

Bis zu 500 IMI waren später beim Aufräumungsamt eingesetzt. Dabei wurden die IMI den Baufirmen zugewiesen, die die Trümmerbeseitungsarbeiten durchführten.
