Die Hartungstraße 9/11 war eine Sammelstelle für Deportierte vom 6. Dezember 1941 nach Riga. Von dort sollen sie zur Veterinärstation des Schlachthof in der Lagerstraße 1 gebracht worden sein. Über den Viehbahnhof Sternschanze ging es zum Hannoverschen Bahnhof. Heute ist dort der Sitz der OMR und die Adresse lautet Lagerstraße 36.

Am 6. Dezember 1941 wurden fast 1.000 Menschen über den Hannoverschen Bahnhof nach Riga verschleppt. Sie wurden nach den Erinnerungen von Fritz Benscher auch über den Viehbahnhof Sternschanze dorthin gebracht. Nach seinen Angaben mussten sich die Menschen in der Hartungstraße 9/11, einer Sammelstelle, einfinden. Er brache ihnen etwas zu essen und trinken. Von hier aus ging es zur Veterinärstation des Schlachthofs in der Lagerstraße 1. Sie wurden von hier zum Hannoverschen Bahnhof gebracht.

Die so genannten Sammelstellen dienten der Gestapo und anderen Behörden der Stadt dazu, die Menschen zu registrieren, ihnen ihre noch vorhanden Barschaften zu nehmen und sie zur Unterzeichnung verschiedener Dokumente zu zwingen.

Es sind verschiedene Sammelstellen wie in der Moorweidenstraße 36, der Schule Schanzenstraße (1942) und der Talmud Tora Schule (1945) bekannt. Bisher war die Annahme, das die Sammelstelle für die Deportierten vom 6. Dezember 1941 in der Moorweidenstraße 36 gewesen sei und das sie von hier mit Polizeiwagen zum Hannoverschen Bahnhof transportiert wurden.

Nur wenige überlebten, wie z.B. Rosalie Hansen, die zum Zeitpunkt im Schulterblatt 84 im Haus C wohnte, wie andere Deportierte. Sie gehörte zu den 33 Menschen, die im Schanzen- oder Karolinenviertel.
Über die Veterinärstation in der Lagerstraße 1 am Schlachthof
Die Veterinäruntersuchungsanstalt der Gesundheitsbehörde, die seit 1920 für des Veterinärwesen auf dem Hamburger Schlachthof zuständig war, befand sich bis Juli 1943 in der Lagerstraße 1.

Die Räumlichkeiten wurden durch Bomben zerstört. In den Kellerräumen wurden der Restbetrieb fortgeführt, später erfolgte der Umzug in die Lagerstraße 2. Im Erdgeschoss der Veterinärstation befand sich eine große Untersuchungshalle. Vermutlich der Ort, in dem die Deportierten sich aufhielten. Von hier wurden sie nach Angaben von Fritz Benscher zum Viehhahnhof Sternschanze gebracht.

Anzahl der Menschen, die über die Hartungstraße verschleppt wurden, ist noch nicht bekannt
Noch kann man keine Angabe zur Anzahl der Menschen machen, die sich damals in der Hartungstraße 9/11 zum 4. Dezember 1941 einfinden mussten und von dort zur Veterinärstation am Schlachthof gebracht wurden. Üblicherweise erfährt man diese kleinen Details nur aus den Verfahren nach 1945 aus den so genannten Wiedergutmachungsvorgängen. Aber auch die Erzählungen der Menschen, die die Deportierten vor Ort an den Tagen versorgten, liefern ein wichtiges Zeugnis ab. So Ingried Riemann zur Deportation über die Schule Schanzenstraße oder Fritz Benscher über die Hartungstraße 9/11.
Über die Hartungstraße 9/11
Das Gebäude in der Hartungstraße 9/11 war zu einem Zentrum der jüdischen Gemeinde im Viertel geworden, in dem der Jüdische Kulturbund u.a. Veranstaltungen organisierte. „Mit der Gründung des Jüdischen Gemeinschaftshauses im Hamburger Stadtteil Rotherbaum und seiner feierlichen Einweihung am 9.1.1938 wurde ein unübersehbares Zeichen der Selbstbehauptung und des geistigen Widerstands gesetzt“, heißt es dazu auf den Webseiten des Institut für die Geschichte der deutschen Juden in Hamburg (IGdJ). „Am 11.9.1941 wurde der Jüdische Kulturbund in Deutschland von der Gestapo liquidiert. Das Gemeinschaftshaus in der Hartungstraße diente wenige Wochen später als Proviant- und Versorgungsstelle für die jetzt einsetzenden Deportationen.“
Hartungstraße 9/11 war dreimal Sammelstelle für Deportationen in der NS-Zeit
Auch am 11. Juli 1942 und am 12. Februar 1943 diente das Gebäude als Sammelstelle für eine Deportation von über 300 jüdischer Menschen ins KZ Auschwitz. Warum die Deportation über die Hartungstraße im Dezember 1941 nicht in den Blick genommen wurde, ist unklar. Der Fokus der Erinnerung an die Deportationen aus Hamburg ist vor allem der Hannoverscher Bahnhof und insofern ist die Konzentration auf den Ort nachvollziehbar.
