Ansichten

Holger Artus

587 italienische Militärinternierte wurden im Zwangsarbeitslager in der Schule Schanzenstraße bis 1945 kaserniert

| Keine Kommentare

Eine Recherche im Hamburger Staatsarchiv führte zu den gesamten Namen der italienischen Militärinternierten, die von Ende Oktober 1943 bis Mai 1945 in der Schule Schanzenstraße leben mussten. Bis August 1944 wurden sie unter Bewachung der deutschen Wehrmacht zur Zwangsarbeit und zurück ins Lager gebracht.

Seit fünf Jahren machte ich immer wieder neue Annahmen, wo ich die Hausmeldekartei für die Schule Schanzenstraße finden könnte. Diesmal suchte ich nach einem NS-Opfer in der Tornquiststraße in Eimsbüttel und fand per nur die Hausmeldekartei der „Schanzenstraße 105“. Alle anderen Karteien für die Schanzenstraße aus diesen Jahren sind unter „Altona“ aufgeführt. Das Staatsarchiv Hamburg verwahrt die verfilmten Meldekarteien der 1937 an Hamburg übergegangenen Gebiete und eine Hausmeldekartei (1939-1968), die nach Adressen aufgestellt ist. Diese Karteien können im Lesesaal unter Wahrung der Schutzfrist an den Mikrofilmgeräten eingesehen werden.

Im Oktober 1943 wurden die ersten italienischen Militärinternierten (IMI) in der damaligen Schule Schanzenstraße kaserniert. Bis zur Befreiung am 3. Mai 1945 waren insgesamt 587 IMI als Zwangsarbeiter in der Schule gefangen gehalten worden. Zwar wurde ihr Status zum 1. September 1944 offiziell in „zivile Italiener“ geändert, doch wenn sie nicht mehr zur Arbeit erschienen, wurden sie reichsweit zur Fahndung ausgeschrieben.

Hamburgs NSDAP-Chef Karl Kaufmann hatte am 14. September 1943 den Hamburger Unternehmern zugesichert, 25.000 italienische Zwangsarbeiter nach Hamburg zu holen, um deren dringenden Arbeitskräftebedarf zu decken.

Im Amt für kriegswichtigen Einsatz (AkE) der Hamburger Baubehörde mussten dafür die Voraussetzungen zur Unterbringung und Kasernierung geschaffen werden. Erste Anlaufstellen waren die Lagerhäuser am Dessauer Ufer und in der Speicherstadt im Hamburger Hafen. Von dort aus sollten die Zwangsarbeiter auf dezentrale Sammellager in Wohngebieten der Stadt verteilt werden.

In einem ersten Schritt wurden Zwangsarbeitslager in den Schulen Telemannstraße, Schwenckestraße (Nr. 98), Binderstraße, Forsmannstraße und Erikastraße geplant. Die Räume wurden nach Standard mit Holzbetten und separaten Unterkünften für Wehrmachtsoldaten ausgestattet.

Im Laufe der Monate September, Oktober und November 1943 wurden immer mehr Schulen zu Lagern für IMI umfunktioniert. Bereits im Oktober 1943 wurde die Schule Schanzenstraße zu einem Zwangsarbeitslager. Die damalige Schulleiterin Emma Lange berichtete, dass Ende Oktober 1943 etwa 400 IMI in der Schule untergebracht worden seien.

Neue Unterlagen aus dem polizeilichen Melderegister belegen, dass mindestens 527 IMI aus den Lagerhäusern am Dessauer Ufer in die Schule Schanzenstraße verlegt wurden. Von Oktober 1943 bis zur Befreiung am 3. Mai 1945 waren insgesamt 578 IMI in diesem Zwangsarbeitslager registriert. Viele von ihnen kamen im Laufe der Zeit aus anderen Lagern in die Schanzenstraße. Ende 1944 wurden 83 IMI aus der Schule in das Lager im Yachthafen von Finkenwerder verschleppt.

Schreiben Sie einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.