Die folgenden Zeilen habe ich unter dem Eindruck der Planung der Stolperstein-Übergabe am 12. April 2025 in Groningen für Johannes Geubels geschrieben. Leider kann ich nicht an der Stolperschwellen-Übergabe am gleichen Tag in der Spaldingstraße teilnehmen, da ich im niederländischen Groningen bin. Ich hatte keine gute Laune, als ich an beide Prozesse in dem Moment dachte. Mir war nach „motzen“ mit Blick auf den Hamburger Prozess um dem Erinnerungsort Spaldingstraße, habe mich aber zusammen gerissen.
Ursächlich war das „Grummeln“ bei mir, dass alles, was um die Erinnerung in Groningen ging, einfach nur nett, freundlich, von Aufmerksamkeit und Dynamik geprägt war. Diese Gefühle hatte ich beim Prozess um die Stolperschwelle in der Spaldingstraße nicht. Frustriert habe ich verschiedene Planungen von mir zum 12. April 2025 im Vorfeld wieder gestrichen.
Normalerweise wehre ich mich gegen diese persönlichen Niederlagen und ziehe mein Vorgehen starrsinnig durch. Das der Termin in Groningen dazwischen kam, hat es mir erleichtert. Wütend bin ich aber weiterhin. Es wäre so viel in der Erinnerungsarbeit heute möglich, wenn es nicht um die Darstellung, sondern den Dialog in und mit der Gesellschaft ginge.
Die verschiedenen Sichtweisen sind ein großes Plus, würde man sie als Potential bestimmen. Man müsste sich nur gemeinsam finden, um sie handwerklich zu erschließen. Daran will ich weiter arbeiten. Üblicherweise suche ich immer den „wirklich“ nächsten Schritt, der einen ganz praktisch zusammen führt. In diesem Prozess fühlte ich mich nicht dazu bereit. Den folgenden Text hatte ich auf Facebook gepostet:
Am 12. April findet um 15 Uhr eine Kundgebung vor der Spaldingstraße 162, dem Standort des damaligen KZ „Außenlagers Hammerbrook“, statt. Es geht um die über 800 NS-Opfer, von denen Johannes Geubels aus Groningen einer war. Die bisherige Tafel der Denkmalschutz-Behörde vor der Game Station ist jetzt an den Eingang des heutige A&O Hostel angebracht worden.
Somit rückt die Erinnerung mehr in den Blick der Gäste des Hostel und sie wissen um den Ort, in dem sie übernachten (einem Neubau).

Ich hatte in der Vergangenheit mit dem Team der „Game Station“ gesprochen, wo die Gedenk-Tafel bisher war, wie sie die Resonanz zur Tafel empfunden haben. Die jungen Leute bleiben davor stehen und redeten darüber. Nein, sie stehen da nicht, um zu rauchen. Auf dem Weg zum Hostel bleiben sie stehen und kommen ins quatschen.


Jetzt ist die Tafel sichtbarer am Eingang des A&O Hostel gekommen. Über den Platz, wo man sie neu anbringen könnte, hatte ich auch vor Ort mit dem Team des A&O Hostel gesprochen. Sollte sie direkt am Eingang sein oder etwas weiter weg? Da hier täglich mehr als tausend Personen rein- und rausgehen, erschien die Anbringung der Tafel einige Meter weg vom Eingang eine vernünftige Idee, so dass man sie beim Gang in die Stadt oder zurück aus der Stadt besser wahrnimmt. Die Gespräche mit dem Team der „Game Station“ hatte mich darin bestärkt. Meine Gesprächspartner:innen am Ort waren zwischen 20 bis 30.

In Hostel hatte ich auch mit den Schüler:innen gesprochen, die hier tausendfach in Hamburg zu Besuch sind und dort übernachten. Haben sie Bock auf Hamburg, aufs Feiern und wie ist es mit den vier Tafeln im Gebäude, die an das KZ Außenlager, die Menschen und ihre Schicksale erinnern? Nehmen sie die Tafeln wahr, quatschen sie darüber untereinander, spielt es bei der Klassenreise eine Rolle? Die Antwort war einfach: Nee. Kurz hatte ich darüber nachgedacht, auch mit Lehrer:innen zu sprechen, habe es aber zur Seite gelegt, denn das wäre von mir nicht nachhaltig zu begleiten gewesen. Das Potential sprang mir ins Gesicht. Meine Idee zur Aufwertung der Tafel im Gebäude, wie man die Kommunikation neu organisieren könnte, hatte ich eingebracht. Die Verantwortlichen für diesen Teil der Darstellung des Ortes habe ihre Strategie. Ihnen geht es um die Darstellung.

Ich hatte mich beim Herangehen an die Erinnerung an die über 800 NS-Opfer aus dem KZ Außenlager Hammerbrook/Spaldingstraße auch in die Diskussion mit den Angehörigen-Verbänden in Europa gewandt. Aus ihrer Perspektive ist es ein schwerer Ort. Ihre Großeltern oder Eltern mussten hier leben, wurden ermordet und kamen ums Leben. Da auch viele Niederländer aus Putten hierher verschleppt, hatte ich auf mir den Stiftungen aus Putten Kontakt aufgenommen. Ihre Gedanken erzählen wie wichtig es ist, die Opfer nicht zu vergessen und welchen Wert das heute in der Diskussion um Werte für Demokratie und Freiheit hat.
Gespannt bin ich auf die Gespräche mit den Kindern von Johannes Geubels am 12. April 2025 im niederländischen Groningen, wo für ihren Vater um 15 Uhr ein Stolperstein vor ihrem damaligen Wohnort verlegt wird. Ihr Vater wurde im März 1945 ins Außenlager in der Spaldingstraße verschleppt.
Am 12. April 2025 wird vor der Spaldingstraße 162 um 15 Uhr eine Stolperschwelle der interessierten Öffentlichkeit übergeben. Auf der Kundgebung wird jemand vom jungen Team des Hause sprechen. Leider bin ich nicht dabei. Aber es ist ein Erinnerungsort, der Potential hat, um heute darüber zu sprechen.
