Für Filippo Faustinelli habe ich eine Patenschaft für einen Stolperstein übernommen. Er wird am 3. Dezember 2024 vor dem Billhorner Deich 76 verlegt.
Dazu gibt es eine Einladung, die sich in erster Linie an die Gruppen in Rothenburgsort richtet, die im September 2024 zur Einweihung des Mahnmals an die ermordeten Kinder im Kinderkrankenhaus eingefunden haben oder an der Stolperstein-Verlegung vor Hamburg Wasser im April 2024. Die Erwartungshaltung richtet sich nicht an der Anzahl der hier Teilnehmenden aus, aber die soll in den Kreisen wahrgenommen werden, da es gibt noch weitere Erinnerungsorte in dem Stadtteil. Sie im Blick zu behalten, soll als Botschaft auch vermittelt werden. Am Ende gibt es auch die Absicht, zu prüfen, ob man neue Impulse in der Erinnerungsarbeit angeschoben bekommt, die sich aus neuen Beziehungen ergeben könnte. Hier die verbreitete Info:
An der Ecke Millerntorplatz, Simon-von-Utrecht- Straße/Budapester Straße, stand einst das „Porterhaus“, ein 1908 erbautes Gebäude. Seit 1943 diente es als Lager für NS-Zwangsarbeiter, die für das Unternehmen Max Giese arbeiten mussten. Einer von ihnen war der Italiener Filippo Faustinelli, der im Dezember 1944 im KZ ums Leben gekommen ist.
Über das „Porterhaus“ am Millerntor 1a
1889 befand sich am Millerntorplatz 1 das Konzerthaus Ludwig, später die Hamburger Volksbühne, an der Ecke Reeperbahn/Millerntorplatz. 1908 wurde das „Porterhaus“ am Millerntorplatz 1a erbaut, ein großes Restaurant am Beginn der Reeperbahn.
Die Volksoper wurde 1943 zerstört. Das „Porterhaus“ war ebenfalls betroffen, doch als Zwangsarbeitslager konnte es weiterhin genutzt werden. Nach der Befreiung 1945 blieb es als einziges Gebäude an der Kreuzung der drei Straßen erhalten und wurde wieder instand gesetzt. Später befand sich dort ein Kino, die „Millerntor-Lichtspiele“. Anfang der 1960er Jahre wurde das Gebäude abgerissen. Seit 1997 steht auf dem gesamten Areal ein 11-geschossiges Büro- und Geschäftshaus.
Über die NS-Zwangsarbeiter in Hamburg und im „Porterhaus“
Von 1939 bis 1945 wurden rund 500.000 Zwangsarbeiter:innen in Hamburger Unternehmen eingesetzt. Sie wurden aus den von der Wehrmacht besetzten Ländern nach Deutschland verschleppt oder gezwungen, hier zu arbeiten. Jeden Tag marschierten Tausende Zwangsarbeiter morgens und abends durch die Hamburger Stadtteile, und in Tausenden Betrieben waren sie täglich präsent. Es war das offensichtlichste und sichtbarste NS-Verbrechen in Hamburg.nIm „Porterhaus“ wurden Unterkünfte für 200 von ihnen geschaffen. Im Mai 1943, als Filippo Faustinelli dort lebte, waren 130 Zwangsarbeiter in dem Gebäude untergebracht.
Über das Bauunternehmen Max Giese
Seit 1941 setzte Max Giese Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion, Polen, Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Italien auf seinen Baustellen ein. Insgesamt beschäftigte das Unternehmen über 270 Menschen aus diesen Ländern an seinen verschiedenen Standorten von Flensburg bis Hamburg. In Hamburg arbeiteten 38 italienische Militärinternierte für Max Giese – italienische Soldaten, die seit September 1943 von der deutschen Wehrmacht gefangen genommen worden waren. Sie haben vermutlich im Zwangsarbeitslager auf der Trabrennbahn Farmsen leben müssen.
Filippo Faustinelli aus Italien musste für Max Giese arbeiten
Filippo Faustinelli war einer der Zwangsarbeiter, die im „Porterhaus“ lebten und für Max Giese arbeiten mussten. Er war 1941 aus Italien nach Hamburg als Arbeitsmigrant gekommen und hatte zunächst für die Deutsche Reichsbahn gearbeitet. Wann er genau zu Max Giese versetzt wurde, ist nicht bekannt. Es existiert ein Arbeitszettel vom Mai 1943, auf dem sein Name verzeichnet ist. Er wurde am 25. Juli 1905 in Sezze, einer Stadt in der Provinz Latina in Italien, geboren.
Im Juni 1944 wurde Filippo Faustinelli in Hamburg inhaftiert und zwischen dem 12. und 16. Juni 1944 ins KZ Neuengamme überstellt. Von dort wurde er in das Außenlager Schandelah, 20 km von Braunschweig entfernt, verschleppt. Hier baute die SS eine Fabrik, um den Versuch zu starten, aus Schiefer Erdöl zu gewinnen, nachdem durch die Kriegsführung der Alliierten die zentralen Mineralöl-Anlagen zerstört worden waren. Dafür wurden 800 KZ-Häftlinge aus Neuengamme nach Schandelah verschleppt. Filippo Faustinelli starb am 3. Dezember 1944 im Außenlager. Insgesamt kamen dort 200 Menschen ums Leben.
Erinnerung an Filippo Faustinelli am 3. Dezember 2024
Am 80. Jahrestag seiner Ermordung, dem 3. Dezember 2024, wird vor dem Billhorner Deich 76, dem ersten Lager, in dem Filippo Faustinelli lebte, ein Stolperstein verlegt. In Hamburg gibt es 7.000 dieser Steine, die an die Opfer des NS-Systems erinnern.