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Holger Artus

Mit dem 2. Weltkrieges ging bei HHLA nichts mehr ohne Zwangsarbeiter

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Mit der NS-Zeit im Hamburger Hafen habe ich mich schon verschiedentlich beschäftigt. Es sind alles nur einzelne Fragmente zum Thema der NS-Zwangsarbeit, vor allem der italienischen Militärinternierten oder sowjetischen Zwangsarbeiter:innen.

Ein paar Texte wie zu den so genannten Arisierungen in Hafen 1938/1939 sind Themen, zu denen ich Material gesammelt habe, da es mehr jüdische Unternehmen wie Werft oder Reedereien gab. Zum GHB und Strom- und Hafenbau gibt es die meisten Fragmente. Die Lagerhäusern am Dessauer Ufer waren verschiedentlich Thema Diesmal kommt ein Stück zur HHLA dazu, dass sich nur um eine Werkzeitung dreht.

Mit dem Überfall Deutschlands auf Polen am 1. September 1939 veränderte sich auch die Lage für die Hafenarbeiter in Hamburg. Der beginnende Zweite Weltkrieg führte dazu, dass immer mehr von ihnen zur Wehrmacht mussten. 1939 beschäftigte die HHLA im Stückgutumschlag noch 2.700 Arbeiter, 1942 waren es nur noch 1.000. Der GHB stellte alleine ein Drittel davon. 

HHLA tritt im Dezember 1935 dem GHB bei

Die HHLA war am 19. Dezember 1935 dem GHB beigetreten, einem Betrieb, den die Nazis im September 1935 gegründet hatten. „Der Treuhänder hat am 7.9.1935 angeordnet, dass alle Hafeneinzelbetriebe als Gesamthafenbetriebe einen Betrieb im Sinne des §1 des Gesetzes zur Ordnung der Nationalen Arbeit bilden.“ Fortan gab es im Hamburger Hafen „zwei Kategorien von Arbeitern: die Hafen-Einzelarbeiter; hierbei handelt es sich um festangestellte Arbeiter bei den Hafeneinzelbetrieben, und die Gesamthafenarbeiter. Das sind Arbeiter, die im Hafen arbeiten dürfen, bisher jedoch noch nicht von einem Betrieb dauerhaft festangestellt wurden. Das Arbeitsamt schlägt dem Gesamthafenbetrieb geeignete Personen vor. Einstellungsbedingung ist, dass die Arbeiter Mitglied der Deutschen Arbeitsfront (DAF) sind.“

Werkzeitung der HHLA von 1943

Im Februar 1943 erschien die Werkzeitung der HHLA „Zu-gleich“. Sie veröffentlichte unter der Rubrik „Die HHLA Feldpost“ Geschichten von Hafenarbeitern der HHLA an der sowjetischen Front, in denen sie sich für ihre „Heldentaten“ lobten. Die Berichte sollten das Bild vom „ständig siegreich“ vermitteln, obwohl die deutsche Wehrmacht am 4. Februar 1943 in der Schlacht um Stalingrad kapituliert hatte. Eine halbe Million Soldaten verloren in der sechsmonatigen Schlacht ihr Leben verloren, darunter fast 200.000 deutsche Soldaten. Seit November 1942 war die Wehrmacht in Stalingrad eingekesselt. Bereits seit der Schlacht um Moskau im Dezember 1941 war die Rote Armee auf dem Vormarsch, und Stalingrad markierte die Wende im Zweiten Weltkrieg.

In der Werkzeitung wurden die Beschäftigten zur Sparsamkeit mit Energie aufgerufen, und es wurde über einen Trostpreis der HHLA-Sportgemeinschaft in Faustball berichtet. Die Betriebsleitung hatte Kinder von HHLA-Beschäftigten zu einem „Winterzauber“ in die „Volksoper“ eingeladen (stand an der Ecke Reeperbahn/Millerntorplatz, 1943 zerstört).

Der Aufmacher in der Werkzeitung stammte von Ludwig Wirtz, dem Direktor der HHLA. Er lobte die neue „Volksgemeinschaft“ von Unternehmen und Belegschaft. „Das nationalsozialistische Gedankengut hatte sich inzwischen auf jede Schicht im Hafen ausgebreitet. Es packte uns von allen Seiten. Der Ausgleich der Interessen aller Schaffenden bahnte sich den Weg durch den Wust bisheriger Anschauungen und schuf ein neues Arbeitsethos. Die Ausräumung der Klassenkampftheorie, die Proklamation des Rechts auf Arbeit und die daraus herzuleitende Verpflichtung des Einzelnen zum größtmöglichen Einsatz seiner Leistungsfähigkeit für die Gesamtheit adelte unser Wirken und Schaffen.“

Vom Arbeitsbegriff der Nazis wird der Bogen zum Weltkrieg gezogen

Wirtz zog den Bogen vom völkischen Arbeitsbegriff zur Aufgabe der Arbeiter bei der HHLA im Krieg. „Nun bewährte sich die wunderbare Entwicklung der Betriebsgemeinschaft erst im vollen Umfange. Jedermann an seinem Platze setzte sich restlos für die Abwicklung des Verkehrs ein. Trotz der von Zeit zu Zeit auftretenden Schwierigkeiten in der Arbeitergestellung konnten alle Engpässe überwunden und insbesondere die Anforderungen der Wehrmacht erfüllt werden.“ Er appellierte an die Hafenarbeiter bei der HHLA: „Wir müssen uns aber auch verpflichtet fühlen, in diesem Zusammenhang mit Nachdruck daran zu denken, dass wir nach wie vor unsere volle Arbeitskraft und unseren unerschütterlichen Willen in die Waagschale werfen, um die Erfordernisse der kommenden, entscheidenden Zeit, die bestimmt nicht geringer sein werden als bisher, zu bewältigen. Damit helfen auch wir mit, unserem Führer das Instrument zu erhalten und weiter zu schaffen, das für den Sieg notwendig ist.“

Seit 1940 Zwangsarbeiter beim GHB

Der GHB setzte seit Sommer 1940 Zwangsarbeiter ein. Insgesamt beschäftigte der GHB von 1940 bis 1945 etwa 14 bis 19 Lager mit 8.000 Zwangsarbeitenden in Hamburg.

60 bis 65 Prozent der Hafenarbeiter waren 1943 Zwangsarbeiter

In einem Schreiben des GHB vom 30. März 1943 hieß es zur Lage der Arbeitskräfte im Hafen: „Im Gegensatz zu Friedenszeiten beschäftigen sich die Betriebe heute neben dem Umschlag mit der Lagerung von Gütern aller Art in Speichern und vornehmlich auf Kaischuppen. Man kann einschätzen, dass sich die Belegschaft im Kai- und Umschlagsverkehr des Hamburger Hafens heute zu 60 bis 65 Prozent aus Ausländern zusammensetzt.“

GHB hatte eigenes Zwangsarbeitslager für italienische Militärinternierte im Hafen

Von Ende September bis November 1943 kamen in einer ersten Welle 9.000 italienische Militärinternierte nach Hamburg. Über 7.000 wurden in zwei Lagern im Hafen untergebracht, in den Lagerhäusern am Dessauer Ufer und in Neuen Wandrahm in der Speicherstadt. Im Laufe der Monate wurden die meisten auf andere Lager in der Stadt und im Hafen verteilt. Der GHB richtete für die italienischen Militärinternierten (IMI) im Lagerhaus G am Dessauer Ufer ein eigenes Zwangsarbeitslager mit fast 500 Menschen ein.

1944 waren im gesamten Hafen als Schauerleute oder Kaiarbeiter noch 772 Beschäftigte aus den Hafeneinzelbetrieben tätig, und über den GHB waren es in diesem Bereich 1.053. Der GHB setzte über 60 Prozent NS-Zwangsarbeiter für die Hafeneinzelbetriebe ein. Die HHLA dürfte auch in dieser Zeit die meisten Zwangsarbeiter eingesetzt haben.

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