Dieses Info wurde auf Höhe der Bernstroffstraße 134 verteilt und befasst sich mit zwei Menschen, die 1944/45 in der Frauenklinik des AK Altona zwangssterilisiert wurden. Insgesamt waren es 13 Personen.
Die Familie von Karl L., seine Kinder, seine Schwester und deren Kinder (über 12 Jahre) stellten die meisten der körperlich Misshandelten von November 1944 bis Februar 1945.
Am 11. November 2024 soll an die Opfer dieser damaligen Kampagne erinnert werden, die das Ziel verfolgte, die noch lebenden Sinti und Roma in Hamburg in dem Sinne zu vernichten, so dass sie aussterben.
Den Adresse habe ich gewählt, da die Familie in den 1950er Jahren dort wohnte. Es war damals ein Wohnwagen-Platz. Weitere Lebensorte vor und nach 1945 waren u.a. die Lerchenstraße 10 und die Thadenstraße 79-81, aber auch an andere Adressen. Da ich in der Lerchenstraße und Thadenstraße dieses Jahr bereits verteilt hatte, habe ich mir diesen Abschnitt ausgesucht.
Karl L. wurde am 8. November 1944, Sonja am 31. Januar 1945 in der damaligen Frauenklinik des AK Altona in der Bülowstraße 9 (Ottensen) zwangssterilisiert. Ende 1944 begann eine neue Kampagne gegen die in Hamburg noch lebenden Sinti und Roma. Damals wurden 12 in der Frauenklinik der AK Altona körperlich misshandelt sowie eine PoC. Wie die jüdischen Menschen sollten sie vernichtet werden. Bis zu eine Million Sinti und Roma wurden in der NS-Zeit ermordet.
Es gab eine entsprechende Anweisung aus 1942/1943 von Himmler (Innenminister in der NS-Zeit und SS-Reichsleiter) aus 1942, wer deportiert und wer zwangssterilisiert werden sollte. Wenn eine Ehe mit einem Nicht-Sinto bestand, wurden die meisten nicht deportiert, was ihren Tod bedeutete. Dafür wurden sie zwangssterilisiert, so dass es kein Fortbestehen in der Zukunft mehr gebe.
Wer waren Karl und Sonja L.?
Karl wurde am 20. Dezember 1907 in Berlin geboren. Ab 1914 lebte er mit seinen Eltern und Geschwistern in Hamburg. Sonja war eines ihrer fünf Kinder. Sie wurde am 25. Juni 1929 in Hamburg geboren. Kinder unter 12 sollten erst mit erreichen dieses Lebensjahr sterilisiert werden. Da seine anderen Kinder zwischen 1935 und 1944 geboren wurden, waren sie zum damaligen Zeitpunkt nicht betroffen.
Karl war in der Michaelisstraße (Hamburg-Neustadt) bis 1922 zur katholischen Schule gegangen. Ab 1938 arbeitete er bei Blohm & Voss, später in einem anderen Rüstungsbetrieb, Albert Reimers. Am 7. November 1944 wurde er vom Kripo-Beamten, Paul Everding, zu Hause abgeholt und in die Frauenklinik des AK Altona eingeliefert. Am 8.November 1944 wurde er zwangssterilisiert. Er kam später erneut ins Krankenhaus und musste erneut operiert werden, da es OP-Folgen gegeben hatte. Für Karl L. bedeutete der Eingriff schwere körperliche und seelische Folgen, von denen er sich nicht mehr erholt hatte.
Sonja S. ging in Hamburg zur Schule und wurde am 29. Januar 1945 in die Frauenklinik von der Polizei gebracht. Sie war 16 Jahre jung. Am 30. Januar 1945 erfolgte die Misshandlung durch die Ärzte des AK Altona und nach zwei Wochen wurde sie aus dem Krankenhaus entlassen. Zum Zeitpunkt wohnte die Familie in der Thadenstraße 79.
Über die beiden Ärzte der Frauenklinik, die im KZ Auschwitz an Misshandlungen beteiligt waren
Einer der damaligen Ärzte aus der Frauenklinik des AK Altona, Dr. Helmut Wirths, war wie der Direktor der Frauenklinik, Hinselmann, als Arzt im KZ Auschwitz gewesen und war dort Beteiligter an „Experimenten“ an KZ-Häftlingen gewesen. Sein Bruder, Eduard Wirths, war der Lagerarzt des KZ Auschwitz. Helmut Wirths wurde nach 1946 wegen seinem Handeln im AK Altona und der Rechtfertigung 1946 von der britischen Administration in Hamburg zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt.
Vor 80 Jahren begann die Kampagne des NS-Systems
Vor 80 Jahren begann das NS-Regime diese Sterilisationen: Am 8. November 1944 wurde Karl L., die Tage darauf die Kinder seiner Schwester, Asta und Jani R. sowie seine Nichten und ein Neffen, Laura, Emilie und Martin R. Die Familie lebte zu dem Zeitpunkt in unserer Nachbarschaft, in der Thadenstraße 79-81.