Im Rahmen der Aktivitäten zum 8. September 1943 zu einem Zwangsarbeitslager für italienische Militärinternierte auf dem Sportplatz an der Max-Brauer-Allee rutschte ich immer tiefer in die Recherche. So fand ich eine Notiz über ein weiteres Lager für IMI in der Sporthalle, die bis in den 1950er Jahren am Sportplatz stand.
Diese Info habe ich zusammen mit der Geschichte der Turnhalle und ihre Nutzer:innen (Sportvereine) aufgeschrieben und in einer Auflage von 60 Exemplaren in der unmittelbaren Nachbarschaft der damaligen Turnhalle verteilt.
Liebe Nachbarn:innen*, der Rückseite können Sie entnehmen, um was es mir geht. Am 6. September 2024 soll es eine Kundgebung um 17 Uhr auf dem Diren-Dede-Platz, Bodenstedterstraße/Ecke Zeiseweg geben. Wir möchten damit an die Menschen erinnern, die in NS-Zeit als Zwangsarbeiter in einem Lager auf dem Sportplatz an der (Max-Brauer-)Allee bis Mai 1945 leben mussten. Es waren über 250 italienische Militärinternierte.
Die Jugendherberge auf dem Sportplatz wurde zum Zwangsarbeitslager
Auf dem Sportplatz war seit 1922 eine Jugendherberge, die über 160 Betten verfügte. Seit Oktober 1944 mussten hier nachweislich italienische Militärinternierter (IMI) leben, die vor allem von der Stadtreinigung zu Aufräumarbeiten gezwungen wurden. Sie waren ab September 1943 nach Deutschland verschleppt worden.
Erstes Zwangsarbeitslager sollte 1943 in der Turnhalle in der Jahnstraße geplant werden
Eine Turnhalle und der Name „Jahnstraße“ werden Ihnen vermutlich im Zusammenhang Ihrer Wohnadresse nichts sagen. Dabei geht es um die Fläche, wo heute Ihre Wohnhäuser an der Bodenstedterstraße 27/31 und Goldbachstraße 8/10 stehen. Die Goldbachstraße hieß bis 1949 Jahnstraße. Die Turnhalle stand auf der Höhe 8 und 10, in der Jahnstraße 6. Damals gab es zwei Hausnummer auf dieser Seite der Straße.
Wie war das mit den IMI in der Turnhalle?
Aus Unterlagen der Hamburger Baubehörde vom November 1943 ergab sich die Planung eines Zwangsarbeitslager in der Turnhalle in der Jahnstraße. Hier sollten Unterkünfte für 100 italienische Militär- internierte geschaffen werden. Dabei handelte es sich um italienische Soldaten. Das ehemals mit Deutschland verbündete Italien hatte am 8. September 1943 mit den Alliierten einen Waffenstillstand abgeschlossen. Daraufhin entwaffnete die deutsche Wehrmacht die italienische Armee. Wer nicht bereit war, an der Seite Deutschlands zu kämpfen, wurde gefangen genommen und nach Deutschland verschleppt. Mehr als 650.000 von 800.000 sagten „Nein!“ Da Hitler internationale Regeln bei der Behandlung von Soldaten nicht einhalten wollte, erklärte er sie zu „Militärinternierten“. In den späteren Planungen wurde das Lager in der Turnhalle nicht mehr aufgeführt. Es kann sein, dass die Halle nie als Zwangsarbeitslager benutzt wurde.
Was ist über die Turnhalle an der Jahnstraße bekannt?
1897 wurde sie vom Altonaer Turnverein von 1880 (AT 1880) fertiggestellt und im Januar 1898 mit einer Feier eingeweiht. Im Erdgeschoss war eine 300 qm große Halle, im ersten Stock wurden Vereinsräume ausgebaut. Der AT 1880 bekam den (heutigen) Sportplatz an der Allee zur Miete zur Verfügung gestellt. 1937 musste der mit einem Eidelstedt Verein fusionieren. Der heutige SV Eidelstedt ist Rechtsnachfolger des AT 1880. Die Turnhalle wurde im 2. Weltkrieg teilweise zerstört. Das Gebäude wurde nach 1945 erst einmal Unterkunftsort für Geflüchtete.
Am 15. April 1948 wurde aus Anlass des 100jährigen Jubiläum des Altonaer Turnverein von 1845 (ATV 1845) von der Stadt Hamburg „das ausgebrannte Sporthaus auf dem Sportplatz Allee“ auf unbeschränkte Dauer vermietet. Die ersten zehn Jahre sollte er mietfrei die Halle nutzen können. Der ATV 1845 sollte auf eigene Kosten im Gegenzug eine neue Turnhalle aufbauen. Das scheiterte, da der ATV 1845 das Geld für die Wiederherstellung nicht hatte. 1951 konnte der ATV aus dem Mietvertrag aussteigen. Später wurde das Gebäude abgerissen.
*verteilt in den Häuser in der Bodenstedtstraße 27-31 und Goldbachstraße 8-10