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Holger Artus

Else Rosenbach und ihre Kinder aus der Thadenstraße 83

Der Text zu Else Rosenbach war insofern sehr schwer, da sie eines der nicht-sichtbaren Opfer der NS-Verbrechen an den Sinti und Roma ist. Zu ihr habe ich so gut wie nichts gefunden. Es gibt einen Geburtsurkunde und zum Schluss hatte ich noch die neue Familie ihrer Mutter gefunden, die aber nichts von ihre „Halbschwester“ wusste.

Ein wenig gab es Infos zum Leben in Hamburg. Zu ihren Kindern weiß ich nichts, was die Sache noch unbefriedigender macht.

Else Rosenbach und ihre Kinder gehören zu den nicht-sichtbaren Opfern der Nazis. Bis zu einer Millionen Sinti und Roma wurden vom NS-System ermordet.

Else war am 14. Januar 1913 in einer Scheune in Boke in Nordrhein-Westfalen auf die Welt gekommen. Ihre Eltern Berthold Rosenbach und Maria Laubinger waren als Schausteller:in unterwegs und wohnten in Werl zwischen Unna und Soest.

Elses ältester Sohn war Rudolf, 1934 in Uelzen geboren. Johann kam 1935 (vermutlich) in Holdenstedt zur Welt. Ihr dritter Sohn Joseph, gemeinsames Kind mit Wilhelm Lutz, wurde 1940 in Hamburg geboren.

Seit Mai 1939 wohnten Else (Lenna), Rudolf und Johann und ab 1940 auch Joseph, mit Wilhelm Lutz (Desto) in einer 3-Zimmer-Wohnung in der ersten Etage eines kleinen Gebäudes Große Gärtnerstraße 83, die 1940 in Thadenstraße umbenannt worden war. Vorher hatten sie in der Marcusstraße 61 am Großneumarkt gewohnt. Wilhelm war seit 1938 bei Blohm & Voss als Schlosser tätig. Wie die Häuser 77 – 81, gehörten sie dem Fischräucherei-Unternehmer Johann Wedel. Die Häuserzeile gibt es heute nicht mehr. Aber die Halle der Fischfabrik hinter der Thadenstraße 79-81 besteht noch komplett.

Elses Mutter, Maria (geboren 1890), hatte nach dem Tod ihre ersten Mannes, Berthold Rosenbach, Isenhart Laubinger (geboren 1903) geheiratet. Das Paar hatte vier Kinder und wohnte 1940 Cremon 16 in der Hamburger Neustadt. Am 16. Mai 1940 wurden alle Familienmitglieder von der Polizei abgeholt und im Fruchtschuppen C im Freihafen eingeschlossen, bevor sie am 20. Mai 1940 zusammen mit weiteren über 1.000 Sinti und Roma aus Norddeutschland über den Hannoverschen Bahnhof nach Belzec deportiert wurden.

Vielen Sinti konnten nach der Auflösung des Lagers in Belzec im Oktober 1940 flüchten. Der Versuch, in den Wäldern zu überleben, wurden von Polizei- und Armeeeinheiten vereitelt. Die meisten deutschen Sinti und Roma wurden in Polen ermordet. Maria Laubinger kam am 28. September 1942 im Lager im polnischen Krychów ums Leben. Quelle: Wikipedia

Die Familie Lutz/Rosenbach aus der Thadenstraße 83 war mit der zweiten Deportation von Sinti und Roma am 11. März 1943 aus Hamburg nach Auschwitz verschleppt worden – zusammen mit 350 weiteren Menschen. Die Polizei hatte nach Augenzeugenberichten für die Deportationen jeweils die Straßen abgesperrt und die Nachbarn aufgefordert, von den Fenster zurückzutreten.

Am 14. März 1943 kamen die Menschen im Lagerabschnitt B II e des KZ Auschwitz-Birkenau, der von der SS „Zigeunerlager“ genannt wurde, an. In den Wohnbaracken waren bis zu tausend Menschen auf dreigeschossigen Holzpritschen untergebracht. Der gesamte Lagerabschnitt war mit einem elektrisch geladenen Stacheldraht umgeben. Einen Monat später waren bereits über 12.000 Sinti und Roma in das „Zigeunerlager“ verschleppt worden. Im März und im Mai 1943 war die ersten Massenvergasungen mit Zyklon B durchgeführt worden, bei denen über 2.700 Männer, Frauen und Kinder ermordet wurden. Viele starben auch an Hunger oder Krankheiten wie Flecktyphus. Im Lager geborenen Säuglinge und die Kleinkinder hatten von vornherein keine Überlebenschance. 

Auch von der Famile Rosenbach/Lutz aus der Thadenstraße 83 überlebte niemand den Porajmos, den Holocaust an den europäischen Roma und Sinti. Die Scheune, in der Else geboren wurde und zum Dorfkrug gehörte, steht noch heute.

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