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Holger Artus

80 Jahren Außenlager des KZ Neuengamme in Hamburg

Zum 25. April 2024 laden alle in Hamburg aktiven zivilgesellschaftlichen Gruppen zu ehemaligen Außenlager des KZ Neuengamme zu einer Buchlesung im Hafenmuseum ein. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir uns im Lagerhaus G getroffen. Die Planung konnte leider nicht realisiert werden. Ärgerlich.

Jetzt findet die Lesung gewissermaßen gegenüber dem Lagerhaus G, in Deutschen Hafenmuseum statt. Beide Schuppen liegen am heutigen Hansahafen. Nach dem Scheitern der getroffenen Absprache zu einer Buchlesung im Lagerhaus G, war meine Idee, die Lesung thematisch auf die Außenlager in Hamburg generell zu legen und sich auf den 80. Jahrestag ihrer Entstehung mit dem Beginn des Lagerhaus G zu beziehen. So kam es zur Ansprache der zivilgesellschaftlichen Akteure in Hamburg. Dazu hatte ich einen ersten Entwurf geschrieben. Überlebt hat er nicht, aber alle laden dazu ein. Der neue Entwurf greif das Thema auf, konzentriert sich aber auf das Thema, als dem Lagerhaus G und der Buchvorlesung.

Im Sommer 1944 kamen rund 1.500 Frauen über das KZ Auschwitz im Außenlager des KZ Neuengamme am Dessauer Ufer im Hamburger Hafen an. Die Stadt Hamburg hatte über die NS-Organisation Todt im Lagerhaus G ein KZ für die jüdischen Frauen errichten lassen. Sie wurden für die Trümmerbeseitigung und im Rahmen des „Geilenberg-Programms“ für die Wiederinstandsetzung der zerstörten Hamburger Mineralölwirtschaft in sogenannten Arbeitskommandos zum Arbeitseinsatz gezwungen. 

80 Jahre Aufbau der KZ Außenlager in Hamburg

Dem Bau des Außenlager im Lagerhaus G im Juni 1944 folgten weitere in der Stadt Hamburg. Die meisten Insassen des KZ Neuengamme wurden von dieser Zeit auf die Außenlager verlegt. Mit dem Vormarsch der Roten Armee im Osten und der zweiten Front im Juni 1944 in der französischen Normandie forcierte sich die militärische Niederlage der Nazis. Die Zerstörung der militärischen Infrastruktur in Deutschland durch die Allierten nötige die Nazi zu Sonderprogrammen wie dem Geilenberg-Programm (Mineralöl-Industrie) oder dem Jägerstab (Luftfahrt-Industrie). Dafür wurden KZ-Insassen, Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter eingesetzt. Zusätzliche „deutsche“ Arbeitskräfte waren dafür nicht verfügbar. 

Firmen- und Außenlager in Hamburg

In dieser Zeit entstanden die Firmenlager aus KZ-Häftlingen wie bei Blohm & Voss, der Deutschen und Stülcken-Werft im Hamburger Hafen oder für  die Hamburger Kettenwerke in Langenhorn. Im September 1944 wurde das  Außenlager in der Schule am Bullenhuser Damm und der Spaldingstraße aufgebaut. Diese Häftlinge wurden ebenfalls in der Mineralölwirtschaft oder der Trümmerbeseitigung vor allem für die Reichsbahn eingesetzt, aber auch auf der Elbinsel Kaltehofe, Planten & Blomen oder dem Ohlsdorfer Friedhof oder der Bill-Brauerei am Bille-Hafen in „Arbeitskommandos“ gezwungen.

Außenlager für Frauen

Das Frauenlager am Dessauer Ufer wurde im September 1944 aufgelöst. Neue Lager wurden für die Frauen in Hamburg Tiefstack errichtet: In den Diago-Weken in Tiefstack, im Reichsbahn-Lager in Eidelstedt, in Sasel und in Harburg-Neugraben in bestehenden Zwangsarbeitslager für Kriegsgefangene und Verschleppte aus anderen Ländern Europas. Die Frauen wurden zusammen mit ihnen unter Bewachung der SS und Hamburger Zollbeamten zur Trümmerbeseitigung, dem Bau von Notunterkünften  für die deutsche Bevölkerung oder andere Kriegsziele eingesetzt.

Außenlager für Männer

Die männlichen Insassen des Außenlager am Dessauer Ufer wurden nach der Bombardierung Ende Oktober 1944 nach Fuhlsbüttel verlegt. Nach der teilweisen Instandsetzung des Außenlager am Dessauer Ufer wurden sie von Fuhlsbüttel ab Januar/Februar 1945 auf die beiden Außenlager im Lagerhaus G und in der Spaldingstraße verteilt. Mit geschätzten 2.500 Häftlingen war die Spaldingstraße eines der größten Außenlager in Hamburg geworden. Bis zur Befreiung 1945 starben hier über 800 Menschen. Im Lagerhaus G waren 200 Menschen bis Oktober 1944 ums Leben gekommen. Tausende neu ins KZ Neuengamme verschleppte Menschen wurden in den letzten Monaten auf die Außenlager verlegt.

Erinnerungen vermitteln uns eine Bild und fordern uns in unser Verantwortung heraus

Es gibt von den überlebten Frauen und Männer aus den Außenlagern erschütternde Erzählungen, die die furchtbaren Lebensbedingungen erahnen lassen. Ihre Erinnerungen mahnen uns, dass sich so etwas nicht wiederholen darf. Eine Erzählung über das Außenlager am Dessauer Ufer soll anlässlich des kommenden 80. Jahrestages der Entstehung der Hamburger Außenlager stellvertretend für die vielen am 25. April 2024 im Deutschen Hafenmuseum im Schuppen 50a auf dem Grasbrook vorgestellt werden. 

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