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Holger Artus

Erinnerung an Deportierte vom 18. April 1944 aus der Lerchenstraße 14

Am 18. April 2024 findet um 18 Uhr eine Kundgebung vor der Lerchenstraße 12 statt, um an die Familie von Constantin Schwarz zu erinnern. Sie wohnte bis zur Verschleppung nach Auschwitz im Haus 3 in der Lerchenstraße 14. Am 18. April 1944 wurden 26 Sinti und Roma aus Hamburg in KZ deportiert. Es gibt eine Einladung, die nur in der Straße verbreitet wird und zu der plakatiert wurde. Es gibt einen Aufruf mit lokalen Unterstützer:innen.

Liebe Nachbar*innen,

wir möchten Sie zu einer kleinen Erinnerung an Nachbarn einladen, die damals in der Lerchenstraße 14 im Hinterhaus wohnten. Der als Kraftfahrer tätige Constantin Schwarz lebte hier mit seinen Söhnen Albert, Ruwald, Otto und Fred. Alle wurden vor 80 Jahren, am 18. April 1944, von Hamburg nach Auschwitz deportiert, weil sie Sinti waren. Constantin, Ruwald, Albert, Fred und Otto überlebten nicht. Die beiden jüngsten Söhne, Fred und Otto, waren zum Zeitpunkt ihrer Deportation 11 Jahre alt. Die Wohngebäude in der Lerchenstraße 14 wurden im Krieg zerstört.

Wir laden Sie zu einem kleinen Treffen ein am:

Donnerstag, den 18. April 2024, 18 Uhr vor dem Eingang Lerchenstraße 12

Am 18. April 1944 fand die dritte Deportation von Sinti*zze und Rom*nja aus Hamburg statt. Bereits am 16. Mai 1940 wurden Hamburger Roma und Sinti deportiert, am 11. März 1943 erfolgte ein weiterer Transport. Insgesamt wurden rund 1.700 Roma und Sinti aus der Hansestadt verschleppt.

Im Vernichtungslager Auschwitz wurden Constantin Schwarz und seine Söhne im eigens für Sinti*zze und Rom*nja eingerichteten Lager gefangengehalten. Constantin Schwarz, seine Söhne Ruwald und Albert wurden im August 1944 ins KZ Buchenwald weiter deportiert. Im Außenlager “Dora”wurden die Häftlinge hauptsächlich im Stollenvortrieb und den unter Tage gelegenen Werksanlagen der Mittelwerk GmbH eingesetzt, wo vor allem Waffen produziert wurden. Constantin Schwarz starb in diesem Lager am 11. Oktober 1944 im Alter von 44 Jahren. Sein ältester Sohn Ruwald starb am 6. Februar 1945 als 17-Jähriger ebenfalls in „Dora“. Sein Beruf wurde in den Dokumenten mit „Tischlerlehrling“ angegeben. Albert starb im Februar 1945 im KZ Buchenwald, die Zwillinge Fred und Otto wurden im Oktober 1944 in Auschwitz ermordet.

Die Zahl der im nationalsozialistisch besetzten Europa und in denen mit Hitler-Deutschland verbündeten Staaten ermordeten Sinti*zze und Rom*nja wird auf eine halbe Million geschätzt. Viele Schicksale sind und bleiben unbekannt. Umso wichtiger ist es, an die Menschen zu erinnern, die in unserer Nachbarschaft lebten und von denen wir wissen.

In Zeiten, in denen offen und unverblümt über „Remigration“ debattiert wird, sind wir dringend aufgefordert, uns gegen Ausgrenzung und Rassismus deutlich zu positionieren. Wir können die Verfolgung, Vertreibung und Ermordung zahlreicher Juden und Jüdinnen, Sinti*zze und Rom*njar, Homosexueller und andere ausgegrenzter Menschen während der Zeit der NS-Diktatur in Deutschland nicht ungeschehen machen, aber wir tragen für unser heutiges (Nicht-)Handeln Verantwortung. Empathie, Solidarität und genaues Hinschauen sind mehr denn je gefragt.

Daher lassen Sie uns gemeinsam am 18. April 2024, 18 Uhr vor der Lerchenstraße 16  an unsere ehemaligen Nachbarn erinnern.

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