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Holger Artus

Auch im dritten Jahr an die italienischen Militärinternierten in Hamburg erinnert

2022 haben wir im dritten Jahr an die italienische Militärinternierten in Hamburg als eine NS-Opfergruppe unter den Zwangsarbeiter in der Nazi-Zeit nach dem Beginn des 2. Weltkriegs 1939 erinnert. Wie bei den vorangegangen Aktivitäten zum 8. September habe ich meine Stichworte zur Bewertung aufgeschrieben.

Basis sind die Ziele, die wir vorher besprochen haben (am 7. Februar 2022). Sie sind der Maßstab für die Notizen zur Kritik. Einige Aspekte sind in anderen laufenden Projekten integriert (z.B. jüdische Zwangsarbeit ab 1938), so dass sie für mich hier keine Rolle spielen.

Corona, der Überfall Rußlands auf die Ukraine und dessen Folgen dominieren die öffentliche Debatte. Aus Sicht der Erinnerungskultur hat sie es unter diesen Rahmenbedingungen schwerer. Auch wenn NS-Zwangsarbeit sehr unmittelbar mit Krieg und Frieden zusammenhängt, der Transport des Themas der italienischen Militärinternierten in unsere Zielgruppe hatte es schwerer als in den vergangenen Jahren. Es würde uns aber auch bei den anderen NS-Zwangsarbeiter/innen so ergehen. Das trübt ein wenig die Laune, wo es doch gerade auch um eine moralische Frage geht, dass man sich noch erinnert.

Bei der Kundgebung, gewissermaßen der Kern unserer Aktivität am 8. September 2022, hatten wir 30 bis 60 Personen angepeilt. Mit 50 waren wir am Ende über unseren Erwartungen. Berücksichtigt man, dass wir am Vormittag noch mit 40 Schüler:innen einen Rundgang zu Zwangsarbeitslagern der IMI der Hamburger Wasserwerke gemacht hatten, sollte man zufrieden sein.

In der inhaltlichen Frage, „erinnern und entschädigen“ sind wir nicht an den Punkt gekommen, den wir erreichen wollten. Das dürfte am Ende aber vor allem mit unseren Ressourcen zu tun haben – und politischen Lagen. Wir rufen ein Thema fast auf sublokaler Ebene auf, es gibt weder regionale noch nationalen Strukturen. In Italien gibt es keine nationale Bewegung und Strukturen. Wo es sie gibt, geht es weniger um Entschädigung den die finanzielle Förderung von Erinnerungsobjekten. Unsere Verbindungen ins Land machen uns eher deutlich, dass es dort eher keine Frage ist. Die Grundstrategie, es zum Thema zu machen und dabei den Dialog mit den Unternehmen und der Stadt zu führen und eine autonome Öffentlichkeitsarbeit auszubauen sowie den Ausbau der Vernetzung, erscheint weiterhin richtig. Aus unser „Stranpel“-Position, kommen wir nicht heraus.

Unternehmen wie Hamburg Wasser sind beeindruckend in ihrer Haltung zum Thema und in der Klarheit der Worte. Das ist bei weitem nicht bei allen Beteiligungen der Stadt der Fall. Die in den vergangenen Wochen geführten Gespräche haben die Lage nicht verändert, so dass man selber das Thema treiben muss. Zwar hat die Stadt eine Rahmenstrategie mit der Stiftung Gedenkstätten Hamburg, aber sie verlangt wenigsten eine aktive Rolle, wenn es um die Aufbereitung und Klärung der eigenen Rolle geht.

Bei der Web-Seiten haben wir das geplante umgesetzt. Durch die bewusst vorgenommene Reduzierung auf ein Unternehmen, dass selber eine gute Rolle spielt, ergibt sich ein geringerer Traffic im Vergleich zum Vorjahr. Auch ist nicht zu sehen, dass vergangene Unterstützer:innen nicht mehr an unserer Seite stehen, der sich aus ihrem Blick auf die IMI ergibt, dass sie doch Soldaten einer faschistischen Armee waren. Sie sein nicht besser Menschen geworden, nur weil sie nein gesagt haben. Auch haben wir weniger neue Themen in der Vorbereitung aufgebaut und eingebracht. Der Web-Traffic ist um die Hälfte auf 2.000 Besuche zum Vorjahr zurück gegangen.

Das Tagebuch von Marino Ruga, der Besuch seines Sohnes, der vor allem die Orte seines Vaters sehen wollte, wurde vor- und während des Besuchs aber auch zu einer unerwarteten Spurensuche, die aber nur wegen dem authentischen Tagebuchs möglich war. An der Aufarbeitung der Fragen wird man weiter arbeiten. Im Ergebnis führt es zu mehr Wissen und Klarheit und man kann die Geschichte besser erzählen. Unsere Absicht ist es, aus dem Teilen der Tagebuchs von Marino Ruga in Hamburg, eine eigene Bröschüre zu machen. Geplant ist es für das Frühjahr 2023.

Unsere beiden Gäste waren große Klasse und haben uns gut getan. Sie waren gute Zuhörer, wussten, was sie wollten und haben gesprochen, wenn es ihnen als nötig erschien. Das Gespräch von Gianni Ruga mit den Schüler:innen war eine Erbauung, da er genau zu der Frage geantwortet hat und immer bei sich geblieben ist. So authentisch wie das Tagebuch seines Vaters.

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