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Holger Artus

Zwangsarbeitslager und Zwangsarbeiter im Schanzenviertel

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Im Zusammenhang mit der Kundgebung am 12. Februar 2021 zum Zwangsarbeitslager in der damaligen Schule Schanzenstraße habe ich noch einmal die bisher vorliegende anderen Lager und Unternehmen, die Zwangsarbeiter ausbeuteten, aufgeführt. Dazu habe ich noch weitere Unternehmen gefunden, die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter beschäftigten.

In fast allen Stadtteilen in Hamburg wurden bis 1945 Kriegsgefangene oder verschleppte Arbeitsemigranten zur Zwangsarbeit eingesetzt. So auch im heutigen Schanzenviertel.

Schanzenstraße 105

In der damaligen Mädchenschule Schanzenstraße 105 war von Mitte Oktober 1943 bis Mai 1945 ein Zwangsarbeitslager. Die Schulleitung sprach damals von 400 Italienern. Zurzeit sind 240 Namen von denen bekannt. Aus Krankenhaus-Akten sind aber auch belgische und niederländische Kriegsgefangenen hier interniert worden. Auch zwei Namen dänischer Staatsbürger liegen vor. Die Italiener waren vom Erdgeschoss bis in den oberen zweiten Stock in sogenannten Holzbaracken Betten untergebracht.

Schanzenstraße 62

Über dieses Lager ist sehr wenig zurzeit bekannt. Joh. Mich. Fett beschäftigte 12 Zwangsarbeiter.

Schanzenstraße 75-77

Heute sind die Volkshochschule Hamburg (VHS) und die „Beratungsstelle Arbeit & Beruf“ in der Schanzenstraße 75-77 zu Hause. Bis 1989 hatte die Schreibwarenfabrik Montblanc seit 1908 hier ihr Fabrik- und Verwaltungsgebäude im Schanzenviertel.

Recherchen der Historikerin, Dr. Frederike Littmann, hatten ergeben, dass Montblanc Zwangsarbeiter nachweisbar 1944/1945 eingesetzt hatte. Sie hatte an Hand von Unterlagen festgestellt, dass es hier eine Art Lager gab, mit einer eigenen Küche und 14 Essenteilnehmern.

Neue Unterlagen des damaligen Gauarbeitsamtes vom September 1944 belegen, dass Montblanc den Einsatz von 15 italienischen Militärinternierten bestätigte. Sie wurden in der Produktions als Automatenbediener eingesetzt. Von Beruf waren sie fast alle Bauer. Es gab einen Kaufmann und Orgelbauer unter ihnen.

Für Aufregung hatte das Unternehmen im Jahr 2000 gesorgt, als es keinen Beitrag für den deutschen Entschädiggungsfonds leisten wollte. Die MOPO schrieb am 31.08.2000 über die damalige Reaktion des Unternehmens auf die Frage nach einem Beitrag für den Fonds: „Unsere Geschäftsführung ist in San Francisco. Wir können dazu nichts sagen“, hieß es bei Montblanc. Die Gegen-Öffentlichkeit in Hamburg führte dann zu einer Korrektur: “Das brachte beispielsweise den weltweit bekannten Füllfederhersteller Mont Blanc plötzlich dazu, sich »mit den Zielen der Stiftungsinitiative solidarisch« zu erklären, wie die Betriebsleitung via Hamburger Abendblatt verlauten ließ,” schrieb damals die Junge Welt.

Lagerstraße 25

Das Unternehmen Alex Stronk gibt im August 1944 an, dass es italienische Militärinternierte als Zwangsarbeiter einsetzte. Mehr ist zurzeit nicht bekannt. Das Unternehmen wurde 1975 aus dem Hamburger Handelsregister gelöscht.

Ludwigstraße 7/9

Hier schrieb das NS-Regime von „Gemeinschaftslager“, hier waren Obdachlose untergebracht, aber auch Zwangsarbeiter. Aktuell wurden 196 Namen aus diesem Lager entdeckt. Daraus ergibt sich, dass hier u.a. französische Zivilarbeiter untergebracht waren. Aber auch Namen dänischer Staatsbürger wurden gefunden. Eine größere Gruppen wurden in anderen Lager verschoben, wie z.B. in das „Bei den Kohlhöfen“ (heute Planten & Blomen) oder die Rothenbaumchaussee 41.

Schulterblatt 151

Am ehemaligen Ende, dem Schulterblatt 151, war ein großes Lager für italienische Zivilarbeiter, im ehemaligen Theater der Westens. Insgesamt waren hier 443 Zwangsarbeiter einquartiert, um von hier zu den Arbeitsorten gebracht wurden oder gefahren sind. Heute, 2020, stehen dort nur noch eine Ruine. Die Adresse lautet jetzt Eimsbütteler Straße 3.

Hamburger Straße 24/heute Ecke Schulterblatt/Max-Brauer-Allee

An der Ecke Schulterblatt/Hamburger Straße waren verschiedene Fabriken, die Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiter einsetzen. Hier befand sich im November 1942 ein Gemeinschaftslager der Betriebe Norddeutsche Leichtmetall- und Kolbenwerke GmbH (Noleiko / Noleico) und Wienke & Co., Kohlen & Mineralöle / Sartosan-Gesellschaft. Bei Wienke & Co. handelt es sich um einen alteingesessenen Betrieb, der auch über 1945 hinaus existiert hat. Es wird vermutet, dass die Firma hauptsächlich mit hydraulischen Schmierstoffen bzw. Emulsionen handelte. Hier liegen erste Informationen vor, die aber noch ausgewertet werden müssen.

Hamburgerstraße 6-10/Heute Max-Brauer-Allee 227

In der ehemaligen Gäststätte „Wensien“ in der Hamburgerstrae 6-10 haben die Nazi ein Zwangsarbeitslager für italienische Militärinternierte eingerichtet. Es gibt liegen erste Informationen vor, die aber noch ausgewertet werden.

Schulterblatt 58

Im Schulterblatt 58, Block C , war das Rüstungsunternehmen von Dennert & Partner, besser bekannt unter dem Markenamen Aristo-Rechenschieber. Hier wurden 20 sowjetische Frauen zur Arbeit gezwungen. Sie wohnten in einem bewachten Lager in der Jahnkampfbahn, zusammen mit weiteren 350 Zwangsarbeiterinnen.

Schilleroper

Am Ende des Schulterblatts, hinter dem Neuen Pferdemarkt, war ein weiteres Zwangsarbeitslager eingerichtet worden, in der Schilleroper, in dem etwa 500 italienische Militärinternierte untergebracht waren.

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