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Holger Artus

Zum Stolperstein von Alfred Ehrmann

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Zur Bekanntmachung der Kundgebung am 9. November 2020 vor der Weidenallee 10b in Erinnerung an die November-Pogrome 1938 verteilen wir wieder gezielt um die Adressen von Stolpersteinen unsere Infos. Hier geht es um Alfred Erdmann, dessen Biographie in Stichworten noch nicht aufgeschrieben war. Wie immer, wenn ich in die Briefkästen stecke, muss ich klingeln und erfahre dabei seht sympathische Reaktionen von Mieter/innen. Auch heute morgen. Hier das Info

Liebe Nachbarn, vor Ihrem Hauseingang liegt ein Stolperstein für Alfred Ehrmann. Zu ihm und seiner Familie möchte ich Ihnen gerne etwas erzählen. Mein Zusammenhang ist dabei die Erinnerung an die November-Pogrome im November 1938 gegen die jüdischen Menschen auch bei uns im Viertel. In Hamburg wurden hunderte jüdische Geschäfte zertrümmert, fast 900 Juden festgenommen und die Synagogen Hamburgs in Brand gesteckt. So wurden in der Bellealliancestraße 66 und 68 die Geschäfte von Arthur Prager, der eine Drogerie und Ivan Andrade, der mit seiner Frau ein Pfeifen- und Zigarettengeschäft betrieb, am 10. November 1938 zerstört. Ivan Andrade wurde an dem Tag festgenommen. Er wurde im Stadthaus beim Rödingsmarkt festgesetzt und dann ins KZ Sachsenhausen inhaftiert. Dort wurde er schwer misshandelt.

Alfred Ehrmann war Jude und am 1. Juli 1896 in Hamburg geboren. Wilhelmine Fuchs, geboren am 1. März 1893 aus Floh/ Thüringen und er hatten am 12. Januar 1921 geheiratet. Sie hatte eine Tochter, Anneliese geboren 15. Januar 1916, mit  in die Ehe eingebracht. 

Beide hatten 1922 ein Textil-Einzelhandels- geschäft in der Fruchtallee 64 eröffnet. Am 2. Dezember 1938 wurde das Geschäft auf Anweisung der Gestapo, einige Tage nach den Novmeber-Pogromen geschlossen. Damit waren die Erdmanns jeder finanziellen Absicherung. Ihr Geschäft hatte seit dem Machtantritts der Nazi immer weitere Umsatzeinbußen zu verzeichnen gehabt. Betrug der Umsatz vor 1933 in einigen Jahren noch 12.000 RM, so waren es 1938 zum Zeitpunkt der Zwangsschließung weit zurückgegangen. Nach der Schließung wurde das Unternehmen von Arnold Denker aus der Weidenallee 12 abgewickelt, der es weit unter Wert verkaufte. 

Seit ihre Hochzeit wohnten die drei in der Vereinsstraße 93. Da dieses Haus im 2. Weltkrieg komplett zerstört wurde, liegt der Stolperstein vor der Nummer 89. Die Familie Ehrmann musste auf Weisung der Gestapo die Wohnung räumen und in das so genannte „Judenhaus“‘ in der Beneckestraße 22a ziehen. Der Hausmeister Sonnemann aus der Vereinsstraße 93 hatte Alfred Erdmann bei der Polizei und dem Wohnungsamt denunziert, wissend, dass Alfred daran Schaden nimmt. Die Sonnemanns hatten einen Untermieter, der nicht ausziehen wollte. Angeblich angestachelt durch Alfred Erdmann,wollte dieser nicht ausziehem. Für Alfred Ehrmanns endete diese Denunziation am Ende tödlich. Er wurde von der Gestapo im Juni 1943 festgenommen und im UG Fuhlsbüttel festgehalten. Im Juli 1943 wurde er nach  Berlin verschleppt und dort als Zwangsarbeiter eingesetzt.  Am 9. März 1944 wurde er erneut inhaftiert und nach Auschwitz deportiert. Die letzte Nachricht von ihm war im Dezember 1944. Er wurde am 8. Mai 1945 für tot erklärt. Wilhelmine und Anneliese Erdmann überlebten die NS-Diktatur.

Hier das pdf der Nachbarschafts-Info

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