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Holger Artus

MOPO-Geschichte 1986-1999 unter Gruner+Jahr

Ich erinnere mich der Tage des Kaufs der MOPO durch G+J. Wochen vorher unter Eduard Greif wuchs der Überziehungskredit bei der BfG. Ursprünglich war er durch abgetretene Forderungen gesichert. Meistens war die Forderungen zwischen 3 – 4 Mio. DM, der Kredit immer weit darüber. Kurz vor Monatsende achteten wir immer darauf, das Ausgangszahlungen ausblieben, damit es keine Risiken bei der Einlösung unserer Gehaltsschecks gab. Plötzlich durften wir um ein vielfaches über Wochen überziehen. Am Ende war das BfG-Konto bei – 23 Mio. DM. Am Tag des Kaufs der MOPO durch G+J erfolgte dessen Ausgleich und ich buchte einen gleichlaufendem Zahlungseingang gegen die Bankverbindlichkeiten.

An diesem Tag lud Eduard Greif uns zu einer Mitarbeiterversammlung. Er stand zusammen mit Christian Nienhaus in der Eingangstür und sie begrüßten jeden mit Handschlag. Er flüsterte Christian Nienhaus etwas ins Ohr zu meiner Person. Ich hatte einigen Wochen vorher dem damaligen Betriebsrat aufgefordert, eine Betriebsversammlung durchzuführen. Dem fiel nichts anderes ein, als damit zu Greif zu gehen. Er lud mich danach in sein Büro und machte mir Vorwürfe, dass ich den Betriebsrat genötigt hätte, was er nicht gut fand.

Mit G+J endete das Greif-Chaos in der MOPO. Ein professionelles Unternehmen war eingestiegen und die Dinge begannen schnell nach einem Plan zu laufen. Es dauerte zwar noch ein paar Wochen, aber dann kam ein Relaunch mit dem heutigen Format. Mit der Übernahme kam von einem auf den anderen Tag eine neue Chefredaktion, ein CvD, ein Art Director und eine personelle Stärkung der Redaktion mit vielen guten Leuten. An einige erinnere ich mich gerne, andere eher nicht, wo sie heute mit wichtigem Gesicht bei Axel Springer was zur Lage des Unternehmens erklären. An solche Manager wie Christian Nienhaus erinnere ich mich sehr gerne, die haben Haltung, füllten ihre Rolle aus, aber mit Verantwortung.

G+J glaubte, dass der deutsche Zeitungsmarkt und die Hamburger auf sie gewartet hätten und in Strömen zur Zeitung greifen würden. Doch das Zeitungsgeschäft ist nicht gleich der Herausgabe einer Zeitschrift. Einmal in der gesamten G+J-Zeit schrieb die MOPO wegen a.o. Erträge einen Gewinn, aber ansonsten waren es immer hochrote Zahlen. Mit Döpfner kamen wir auch wieder an die 10 Mio. DM Verlust ran. Im Prinzip war die Phase Sanierung, Neuaufstellung, Investitionen und dann wieder von vorne. Die mit der neuen Führung jeweils aufschlagende Mannschaft war immer sehr groß, bis auf Marion Horn, die gewissermaßen allein kam, aber ihre zeitweiligen externen Beratern im Boot hatte.

Mit dem Niedergang der DDR begann noch einmal eine große Investphase. Die MOPO Titel wurden für fast jede ostdeutsche Großstadt angemeldet. Redaktionsbüros entstanden im Schwerin und Rostock. Doch der Hype war schnell vorbei. G+J hatte mit dem Kauf des Berliner Verlages/Berliner Zeitung und der Sächsischen Zeitung zwei große und starke Abo-Titel im Portfolio, die ihre ganze Aufmerksamkeit erfuhren. Die MOPO wurde bald Bein am Klotz. Man setzte auf Kaufzeitungssynergien erst unter den eigenen Titeln, dann mit dem Kölner Express. Scheiterte, weil alle ihre Dienstleistungen bezahlt wissen wollen, plus ihren „Wasserkopf“.

Ich habe viele tolle Kolleginnen und Kollegen kennengelernt wie Manager/innen, die ich sehr schätze. Sie hatten ein Herz für uns, auch wenn sie auf der anderen Seite des Tisches saßen. G+J wechselte gewissermaßen im Jahresrythmus Geschäftsführer und Chefredakteure aus. Das sagte viel über das Herangehen von G+J an die MOPO aus. Ich habe solche Manager wie Schulte-Hillen kennengelernt und gesehen, wie tief er G+J in eine Sanierungsphase trieb, was für ein – so meine Meinung – „Wichtigtuer“ er war. Vor anderen G+J-Manager, wie deren Personalvorstand, Dr. Martin Schuster, konnte man den „Hut ziehen.“

Als der Verkauf an Frank Otto/Hans Barlach bekanntgegeben wurde, habe ich mit fester Überzeugung gesagt: „Endlich sind wir euch los!“‘

Seit 1986 war ich im Betriebsrat der MOPO, mit einer Wahlperiode Unterbrechung. 1989 organisierte ich meinen erste Streik in der MOPO, für den ich ordentlich was auf die Ohren bekam, doch der Warnstreik hat trotzdem an zwei Tagen geklappt. Ich war nur sehr unerfahren, wie man es macht. Ab 1994 war ich Betriebsratsvorsitzender der MOPO. Da ich auch zur gleichen Zeit IG Medien-Vorsitzender in Hamburg wurde, habe ich mich selber freigestellt, was mir immer wieder Ärger eingebracht hatte, aber ich hätte sonst beide Aufgaben nicht geschafft. Dank meiner Wahl in den Konzernbetriebsrat von G+J und zum stellvertretenden Vorsitzenden des Euro-Betriebsrats habe ich gelernt, G+J zu verstehen und wie “die” ticken. Die Betrachtungsweise vom Markt und deren Folgen bei den unternehmerischen Annahmen in der Planung und Beschlüssen sowie den Folgen der Arbeitnehmer/innen war für mich der wichtigste Beitrag von G+J in meinem Werden. Die Zusammenarbeit mit den Medien habe ich genossen und genutzt. Die Periode unter dem Chefredakteur Döpfner war eine bittere Periode, da er ein schwacher Mensch war, wenig Rückgrat hatte und Eigenschaften an den Tag legte, die ich persönlich als feige bezeichnen würde.

Hier mein MOPO-Rücblick auf die Jahren 1986 bis 1999.

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