Ansichten

Holger Artus

Das wird der größte Stellenabbau in der MOPO-Redaktionsgeschichte

| Keine Kommentare

Hier die Betriebsrats-Informationen aus der Periode 2016 bis 2018. Der Sanierungskurs von DuMont mit der “Perspektive Wachstum” 2014 war gescheitert, ab 2016 kommt es wieder zu einem neuen Sanierungsprozess, beginnend in Berlin. Im Sommer 2016 erfolgt die Ausrichtung auch für die MOPO. Heute, im September 2019, zeichnet sich das ganze Desaster im schrittweisen  Verkauf des Zeitungsbereichs von DuMont sichtbar. Die Auseinandersetzung zum den Stellenabbau 2017 führt dazu, dass der gesamten Personalabbau durchkreuzt wird, was die Ziele des Unternehmens betrifft.

Es kommt zu langfristigen Regelungen, die einen Weg darstellen. Wir greifen umfassend in die Lage des Unternehmens mit unserer Vorgehen ein. Am Ende gehen zwei Redakteure, 25 Prozent (um die 19 Köpfe) der Stellen sollten abgebaut werden.

Zeitrahmen des Prozesses von der „digitalen Transformation zum Verkauf.

Im Februar 2016 stellt die Geschäftsleitung und Chefredaktion das Projekt der „agilen Redaktion” vor (19.02.) Ebner Stolz begleitet das neue Projekt. 

Der MOPO-Betriebsrat geht im Juli 2016 von einem umfassenden Sanierungsprogramm in der DuMont Mediengruppe aus, die alle Standorte im Laufe der nächsten beiden Jahre betreffen wird. Der Vorstand, so behauptet der MOPO-Betriebsrat später, habe in dieser Zeit auch entschieden, dass man das Projekt „agile Redaktion” zu einem Sanierungsprojekt erweitert werden soll hat. 

Im Oktober 2016 informiert der MOPO-Betriebsrat über einen 25-prozentiger Personalabbau in der Redaktion.

Der MOPO-Betriebsrat vermutet im Dezember 2016,, dass der Abbau im Zusammenhang mit einem Umzug als „Neufang“ verkaufen werden soll,, obwohl es nur ein Sanierungsprogramm ist. 

Der Betriebsrat informiert darüber (14.03.) dass die MOPO die Mietvertrag für die MOPO zum 30. Juni 2018 kündigen will.

Es kommt zu einem Altersteilzeit-Tarifvertrag, informieren ver.di und der DJV (27.07.). Die Politik-Redaktion soll zum 1. Januar 2018 von Hamburg nach Berlin verlagert werden (13.07.). 

Am 23. August präsentiert die Chefredaktion und Geschäftsleitung ihre „agile Redaktion“. Heraus kommt ein Stellenabbau in der Sport- und Lokalredaktion, im Layout und der Medienproduktion. verdi und der DJV verurteilen den Stellenabbau. 

Es kommt im September 2017 erneut zu einem Warnstreik gegen die Strategie der Chefredaktion und deren Stellenabbau-Planung gegen redaktionelle Interessen. Der Betriebsrat widerspricht den Kündigungen im Lokalen, Layout, Sport und der Medienproduktion. 

Im Dezember 2017 verständigen sich Gewerkschaften, Betriebsrat und Geschäftsleitung verständigen sich auf einen Sozialtarifvertrag, Sozialplan und einen Zusatzvereinbarung, in der es auch um die Umsetzung des Stellenabbaus in der Redaktion vom August 2017 geht.

MOPO-Geschäftsleitung und Chefredaktion haben heute darüber informiert, dass sie 11 Stellen in der Redaktion und im Verlag abbauen wollen. Davon betroffen sind vor allem die Lokalredaktion, aber auch der Sport und das Layout und die Mediengestaltung. Der Betriebsrat ist der Meinung, dass es noch eine zweite Welle an Abbau-Maßnahmen geben wird, wenn klar ist, wer aus der Politik nach Berlin geht. Wird die geplante Unternehmenszahl in Berlin überschritten, dürfte es zu weiteren Kündigungen im Hause kommen. 

Die Begründung für den willkürlichen Stellenabbau ist das Projekt der „agilen Redaktion“ und  die Zukunftsfähigkeit der MOPO.  Es ist völlig sinnbefreit, dass man in der Hamburg-Redaktion fünf Stellen abbaut. Es dürfte klar sein, dass die „agile Redaktion“ ein Abbau-Projekt ist und dass nach dem Umzug in die Barnerstraße 14 im Frühjahr 2018  (fast) alle in ihrer journalistischen Arbeit mehr belastet werden.  Warum einem 64-jährigen Kollegen kündigen, so kurz vor dem Renteneintritt und sich auf der Mitarbeiterversammlung hinzustellen und auf eine gütliche Regelung zu hoffen? Das ist einfach respektlos. 

Der Betriebsrat lehnt diese Maßnahmen ab. Sie richten sich gegen die Redaktion und den Verlag, sie gefährden die Attraktivität der MOPO für unsere Leser und sie sind der Ausdruck einer Krisen-Stimmung. Schon wieder werden uns diese Pläne mit der „digitalen Zukunft“ verkauft. Doch diese „digitale Zukunft“ hat das Unternehmen seit Jahren verschlafen und verschleppt. Und jetzt ist es ein Ablenkungsmanöver. Denn darum geht es: Arbeitsplätze abbauen und Kosten ohne irgendwelche Rücksicht auf die Folgen einsparen. Die Belegschaft hat kein Vertrauen in die Geschäftsleitung.  Dass die Chefredaktion in der Vergangenheit davon gesprochen hat, dass sie um die redaktionellen Belange kämpft, kann man daran nicht erkennen.

Das unter den geplanten Kündigungen vier Betriebsratsmitglieder sind, steht noch auf einem anderen Blatt. Aber es verweist darauf, dass es sein kann, wenn man diese nicht loswerden kann, andere dafür gekündigt werden könnten. 2015 war das Unternehmen bereits schon einmal so vorgegangen.

Die jetzt verkündeten personellen Maßnahmen sind der größte Einschnitt in der Geschichte der MOPO-Redaktion seit ihrer Gründung. Sie stehen für die absolute Perspektivlosigkeit, mit der MOPO-Geschäftsleitung und DuMont-Vorstand seit Jahren auf die schwierige Lage der Medien reagieren: Abbau, Abbau, Abbau. 

Die strukturellen Maßnahmen sollen nach Darstellung von DuMont eine gleichberechtigte Produktion von Print und Online herstellen und den Weg weiter in die digitale Zukunft führen. In Wirklichkeit wird die Zeitungsproduktion angespannter werden durch den dramatischen Personalabbau. Das von Frank Niggemeier heute angekündigte neue Produktionssystem steht noch nicht, ist gerade in der Entwicklungsphase. Für die Leser und Käufer sind die Folgen sicher deutlich spürbar: Ein geringeres publizistisches Angebot, schlechtere journalistische Qualität und eine Reduzierung des Seitenumfangs der Zeitung.

Seit Monaten wurde die Belegschaft von der Unternehmensleitung an der Nase herumgeführt. Statt in einer Umbruchsituation die Redaktion zu beteiligen, wurden alle Maßnahmen hinter verschlossenen Türen beraten. Der Grund ist klar: Es geht um einen Kahlschlag – und nicht um ein kollegiales Vorgehen und Gespräche mit der Redaktion. Doch es gibt zu dieser Beteiligung keine Alternative in solchen Umbruchszeiten. Ein reiner Abbau schwächt journalistisch Print und Online. Mit weniger Redakteuren wird man keine bessere Leistung anbieten können. Die aktuellen Erfahrungen der Berliner Kollegen bei der Produktion von Kurier und berliner-kurier.de verweisen darauf, dass alle mehr belastet werden. Ehemalige MOPO-Redakteure werden für Berlin wieder reingeholt! Wir sind froh, dass es bei mopo.de eine engagierte Redaktion gibt, die mit ihrem Einsatz zu den großen Zugriffen im Web geführt hat. 

Das Vertrauen in die Geschäftsleitung in der MOPO ist u.E. sehr gering. Mitte Dezember 2016 dementiert man vor versammelter Mannschaft einen Umzug, Anfang März 2017 gibt man die Kündigung des Mietvertrages bekannt. So kann man mit den Kollegen nicht umgehen. Jetzt gibt es ein neues Mietobjekt, aber man schweigt dazu, weil der Mietvertrag noch nicht unterschirieben ist. Dabei wird schon munter geplant, wie die neuen Räumlichkeiten aussehen sollen und wer wo sitzen soll. Gerade in einem Medienunternehmen gehört Kommunikation und Information zum täglichen A und O. Nur das außerordentliche Engagement aller Beschäftigten hält heute die MOPO-Mannschaft noch zusammen.

Die wirtschaftliche Lage der MOPO war 2016 angespannt, aber nicht rot. Wie 2015 war der Jahresabschluss auch 2016 „schwarz“. Der DuMont Vorstand sprach erst kürzlich von einem positiven Gesamtergebnis der MOPO. Wir sehen die Risiken bei der Umsatzentwicklung und die entsprechenden Rückgänge. Aber wer sich z.B. nicht angemessen um die Auflage kümmert, trägt die Mitverantwortung für den Rückgang des Vertriebsumsatzes erstmalig in den vergangenen zehn Jahren. Die Auflage und damit der Vertriebsumsatz machen an die 65 Prozent unseres Umsatzes aus. Hier Rückgänge in den Griff zu bekommen, ist eine zentrale Aufgabe. Die Auflage – das sind vor allem unserer Leserbeziehungen, die man sichern muss. Das geht nur über Produktqualität. Das digitale Geschäft wächst und zu Recht ist man in der Redaktion und im Verkauf stolz auf diese Online-Zahlen. Da sie aber noch nicht das Geschäft tragen, bedarf es einer ernsthaften Doppelstrategie: Dem weiteren Ausbau von Online, mehr Inhalte, neue Kundenbeziehungen. Vertrieb muss Chefsache sein. 

Der Betriebsrat unterstützt die Linie eines PersonalUMBAUs. Aber nicht den Abbau. Wir stehen für eine Altersteilzeit und für Abfindungsreglungen, um ein freiwilliges Ausscheiden zu ermöglichen. Verhandlungen darüber hat die Geschäftsleitung abgelehnt. Die Altersteilzeit-Verhandlungen wurden verzögert – und zum Schluss kam dann noch ein Täuschungsmanöver. Mit dieser Verweigerungshaltung hat die Geschäftsleitung eine sozialverträgliche Lösung behindert. Sie lehnt ein solches rücksichtsvolles Vorgehen ab. Ein einmaliger Vorgang: Der Betriebsrat will den Umbau gestalten, die Geschäftsleitung verweigert sich diesem Prozess. 

Gemeinsam mit den Gewerkschaften ver.di und DJV wird sich der Betriebsrat für die redaktionellen Arbeitsplätze und die redaktionellen Interessen einsetzen. Uns geht es um Umbau statt Abbau. Um Transparenz und Beteiligung und um Potenzialerschließung der Redaktion für eine echte digitale Transformation. 

Wir setzen weiterhin auf eine Redaktion, die ihren Job ernst nimmt, weil es um die Arbeitsplätze geht, weil es um die künftigen Bedingungen bei der Arbeit geht und weil es um die Rolle der Medien in der digitalen Zukunft geht. Gerade in Zeiten von „Fake News“ oder „Content Marketing“ ist es der Job  der Redaktion, den Lesern komplizierte Dinge leicht verständlich näher zu bringen. Investiert in die MOPO und in ihre Qualität – und damit auch in ihre Glaubwürdigkeit und Leserbindung. „Denn Qualität ist das Einzige, was letzten Endes zählt” (Alfred Neven DuMont).

Schreiben Sie einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.