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Holger Artus

An den Folgen des KZ gestorben – heute erinnert ein Stolpersein an Willy Heinecke

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Eine Betriebsrats-Information, die nicht erschien. Es hatte nicht mit Differenzen zu tun, sondern in der Abstimmung bliebt es an einer Stelle liegen, ohne dir wir nicht publizieren wollten. Es geht um einen zwiespältigen Stolperstein im Friesenweg, an dem wir als Fussgänger jeden Tag zur MOPO und zurück in Hamburg-Bahrenfeld vorbei gingen. Es handelte sich um einen schwulen Nazi, der auf Grund seiner Homosexualität Opfer der Nazis wurden, er starb an den Folgen des Gefängnisses.

Ein Stolperstein im Friesenweg 4 erinnert an Willy Heinecke, einen Arbeiter aus der Magarine-Fabrik A.L. Mohr. Sein Erinnerungsstein war Ausgangspunkt für unsere Recherche zur Zwangsarbeit auf dem heutigen Betriebsgelände der MOPO, der ehemaligen Sternwoll-Spinnerei. Willy Heinecke war 1904 geboren und ist am 10.03.1939 an den Folgen der Haft im KZ Fuhlsbüttel gestorben. Er war Opfer eines menschen-verachtenden Regimes, an das er selber glaubte und davon hoffte, davon zu profitieren. Er hatte seit 1923 hatte eine Beziehung mit einem Arbeitskollegen aus der Magarine-Fabrik, heute John-Mohr-Weg, der Friesenweg abgeht.

Sie verbrachten seinen Urlaub mit seinem Freund häufig an der Nordsee. Ende 1936 wurde gegen Willy Heinecke der Verdacht geäußert, dass er homosexuelle Beziehungen pflege, weil er “ständig Umgang mit Leute habe” und Verkehr mit Frauen meide. Die Kriminalpolizei, die im Januar 1937 umfangreiche Ermittlungen im privaten Umfeld aufnahm. Vom Direktor und anderen Vorgesetzten wurde der denunziert, auch wenn sie selber Schiss hatten. Am 20. Februar 1937, dem ersten Verhör, bestritt Willy Heinecke noch seine Homosexualität, aber einige Tage später, am 25. Februar 1937 gab er eine Beziehung einem Arbeitskollegen zu. Als ein 19jährigen eine Beziehung mit ihm einräumte, wurde Willy Heinecke am 1. März 1937 wegen des Verdachts „widernatürlicher Unzucht” verhaftet. Am 4. Mai 1937 wurde er vom Landgericht Altona zu eine Zuchthausstrafe nach § 175/§175a von 1 ½ Jahren verurteilt. Ende Mai 1937 wurde er ins KZ Fuhlsbüttel überstellt. Heinecke verbüßte bis zum 7. September 1938 die vollständige Zuchthausstrafe. Während der Haft scheint er sich eine schwere Lungenerkrankung zugezogen zu haben, von deren Folgen er sich auch nach seiner Entlassung nicht wieder erholte. Am 10. März 1939 starb der erst 44-Jährige an einem Lungenabszess im Hamburger Marienkrankenhaus. 

Willy Heinecke war 1893 in Halle an der Saale geboren. Er war am Ende des 1.Weltkrieges als Arbeiter in der Kunstspeisefettfabrik der Bahrenfelder Magarine Werke A.L. Mohr beschäftigt. Er gehörte später dem Stahlhelm, einer paramilitärischen und reaktionären Vereinigung an. Heinecke trat 1931 der NSDAP bei und wirkte aktiv in der Motorstaffel der SA in Hamburg. 

 Industrielle Aufschwung Ende des 19. Jahrhundert mündet im Immobilenwachstum Anfang des 21. JahrhundertsDie Marzipanfabrik, deren altes Gelände an die Neubauten auf der Sternwoll-Spinnerei entlang der Friesenwegs anschließt, wurde 1890 von Johann Hinrich Mohr auf einer Fläche südwestlich vom Bahrenfelder Bahnhof gebaut. Die Familie Mohr trennte sich Mitte der 1920er Jahre von ihrem Besitz. Das Unternehmen entwickelte sich in den folgenden Jahrzehnten als UNION Deutsche Lebensmittelwerke und wurde spätere Tochtergesellschaft von Unilever zur modernsten Margarine-fabrik Europas. 1996 folgte der Abriss. Bis zu dieser Zeit war deren wurde deren Kantine von uns genutzt. 1998 entstand entlang der S-Bahngleise nach dem Bahnhof Bahrenfeld Richtung Othmarschen der Wohnkomplex mit xxx Wohnungen. Der Stolperstein für Willy Heinecke wurde (2009) vor dem einstigen Wohnhaus seiner Eltern in den Gehweg auf dem Friesenweg 4 eingelassen. Der heutige Friesenweg hieß damals Friedensallee wie die Griegstraße bis 1953 Brahmsstraße.

Stolperstein im Friesenweg war Anlass für Recherche zur Sternwoll-Spinnerei (heute MOPO-Gelände)

Die Sternwoll-Spinnerei, im Anschluss an die Marzipanfabrik wurde 1895 von der Familie Semper (bekannt durch den Architekten Gottfried Semper, der u.a. die Semperoper konzipiert hatte) erbaut, die sich 1905 allerdings an eine Unternehmensgruppe. Noch heute gibt es alle drei  damalige Standorte (Delmenhorst, Leipzig und Hamburg)  als Industriemuseum und aufbereitet Immobilie. Von 1943 bis 1945 setzte die Sternwoll-Spinnerei zur Granaten-Produktion Zwangsarbeiter ein, an den eine Wandtafel und Wandskulptur im Torbogen erinnert, die 2013 der Öffentlichkeit übergeben wurde. Die Initiative ging vom MOPO-Betriebsrat aus, der Stolperstein war der Anlass für die Recherche der Geschichte der Sternwoll-Spinnerei und Marzipanfabrik. 

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