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Holger Artus

MDS 2014 mit Vorstandsvorsitzenden

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Bei der Übernahme der MOPO durch Mecom (2006-2008) entstand in einer frühen Phase die Erkenntnis, wenn wir unseren Widerstand organisieren wollen, wir wir auch ein Profil in der medialen Öffentlichkeit über den Vorstandsvorsitzenden, damals David Montgomery, mit prägen müssen. Dabei ging es im ein reales Abbild von uns auf der Basis der Gruppenstrategie, das finden der Punkte, wo er versuchte, groß zu täuschen (als schwäche in der Strategie) und unserer Erfahrungen im Umgang mit ihm. Uns kam die Ablehnung der Verleger-Meinung über ihm zu gute wie die durchaus sehr billige Kritik. Wir konnten das Bild nicht schaffen, aber (nicht billig) „bedienen“. Unser Fokus war unsere Belegschaft. Für die Positionierung zu Montgomery fand ich in bestimmten Interessenvertretungsstrukturen kein Verständnis. Sie kennen nur Schwarz-Weiß auf Basis von Unkenntnis.

Beim Führungswechsel bei DuMont sind wir genauso verfahren. Wir haben uns ein Bild von neuen verschafft, in dem wir mit den Gewerkschaften und Betriebsräten in der Schweiz uns ausgetauscht haben und ihren Geschichten zugehört haben. Seine Veröffentlichungen halfen uns wie die katastrophale Lage bei DuMont. Er sollte als Erneuerer da stehen, der die Dinge richtig benennt – und das war das Problem der Gruppe – nicht aber die MOPO. Also gab es ein BR-Info zu seiner Vorstellung bei DuMont. Damals dachte ich, das wird eine Herausforderung. Von Treffen zu Treffen bekam ich andere Erkenntnisse, so das am Bild gedreht werden musste. Wenn er eins nicht konnte, dann erfolgreich sanieren. Für dieses Bild gab es auch wieder Unterstützung aus den Führungskreisen, also Punkte für eine „Zersetzungsarbeit“ ;-).

Auf dem gestrigen MDS-Führungskräften-Treffen wurde eine neue Führungsstruktur der Unternehmensgruppe vorgestellt. Zum 1. Januar 2014 wird Dr. Christoph Bauer Vorstandsvorsitzende.  Ab 1. Oktober 2013 wird er Vorstandsmitglied.  Christian DuMont Schütte scheidet zum 1. Januar 2014 aus dem Vorstand aus und wird stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender. Der Aufsichtsrat bleibt als oberstes „Kontroll-gremium“ bestehen, Alfred Neven DuMont dessen Vorsitzender. An der Beherrschung der Mediengruppe DuMont Schauberg ändert sich nichts, die beiden Familien Neven DuMont und Schütte halten jeweils 50 Prozent der Anteile. Der Mediendienst meedia.de schreibt: „Damit holen sich die Kölner einen externen Manager ins Haus, der im Vorstand den Ton angeben soll – eine überfällige Entscheidung.“

Einen Vorstand gibt es bei MDS erst seit 2009

Die Führungsebene Vorstand existiert erst seit 2009 nach dem Erwerb des Berliner Verlages und der Hamburger Morgenpost bei MDS, um die wachsende Unternehmensgruppe strategisch und operativ gezielter zu führen. Es wurden so genannte Unternehmensbereiche geschaffen (Köln, Halle, Berlin, Hamburg und Frankfurt), die die operative Verantwortung ausüben. Für Berlin und Hamburg gibt es eine Holding, das Presse Medienhaus Berlin (PMB), in dem die beiden Gesellschafter MDS (65 Prozent) und der Heinen Verlag (35 Prozent) ihre Anteile bündeln. Ein Verwaltungsrat, in dem Christian DuMont Schütte, Franz Sommerfeld und Helmut Heinen sitzen, entscheidet alle grundlegenden Fragen.

Vorstandsvorsitzender wird alle Prozesse im Unternehmen straffen

Wir gehen davon aus, dass mit dem Vorstandsvorsitzenden die Gesamtsteuerung von MDS gestrafft und das Tempo der Ausrichtung auf Marktveränderungen forciert wird, ohne den Charakter der Gruppe mit seiner Ausprägung in Köln zu verändern. Neben der strategischen Herausforderung, den digitalen Wandel nicht nur in Wort und Tat, sondern auch in Umsatz und Geschäftsprozessen zu verankern, dürfte es um Absicherung des traditionellen Kerngeschäfts von MDS (Zeitungs- und Anzeigenverkauf) sowie die Erschließung neuer Umsatzfelder gehen.  Die bisherigen Versuche, die Unternehmensorganisation zentral zu stärken, um daraus Vorteile für die Umsetzung von Geschäftsideen und – prozessen zu realisieren, erweist sich bisher als eine schwere Aufgabe für die MDS-Spitze. Am Ende geht es auch um die Rendite, die durch Investitionen, Unternehmenswachstum und Restrukturierungsprozesse unter Erfolgsdruck für Anteilseigner steht. 

Man muss sich auf die Leser konzentrieren – Gretchenfrage für die Verlage

Natürlich muss alles getan werden, um den Anzeigenverkauf (Print und Online) zu stärken und neue Potentiale zu erschließen. Im Medienmarkt wird es ohne eine zielgruppengerechte Ansprache und entsprechende Produkte im Anzeigenmarkt  schwerbleiben, sich auf lange Sicht zu behaupten. Im  Mittelpunkt muss u.E. vor allem der Leser/die Leserin stehen: 2/3 unseres Umsatzes kommen aus dem Zeitungsverkauf. Sich um die Leser zu bemühen heißt, dieses Standbein zu sichern, aber auch mit Blick auf die Inhalte im Netz. Wer sich heute nicht um die Region kümmert, dürfte im Wettbewerb künftig Probleme bekommen. Das erfordert Investitions- und Veränderungsbereitschaft in den Titeln, Vertrauen in die Mannschaft und eben in den Wandel zum digitalen (Heimat)Unternehmen. 

Änderung der Arbeitsorganisation zum Medienunternehmen geht nur mit der Mannschaft

In einem die verschiedenen Welten bedienenden Medienunternehmen wird sich die Arbeitsorganisation weiter ändern.  Neben der Kostenoptimierung ergeben sich daraus für die Beschäftigten die größten Gefahren, aber natürlich auch Chancen. Der strukturelle Wandel hin zu anderen Geschäftsmodellen und –prozessen im Medienmarkt um den Verkauf von Inhalten, erfordert eine begründete und langfristige Strategie, die eben auch Geld kostet. Ist die Strategie nicht gegeben, wird das über Reibereien in vielfältigen Fragen ausgetragen, eben auch in der Arbeitsorganisation bzw. in den Abstimmungsprozessen etc. Wer Inhalte verkaufen will, braucht die Autoren/innen und deren Einsatzbereitschaft. Wer vom Verkauf redaktioneller Inhalte leben will, muss etwas Besonders bieten, keine Ware von der Stange oder Informationen, die es überall gibt. Mit der digitalen Produktion wird sich die Arbeitsweise und – organisation weiter ändern.  Hier ist die entscheidende Frage: mit der Mannschaft oder ohne sie. 

Bereits in der Vergangenheit wurde massiv an der Kostenschraube bei MDS gedreht

Schon seit 2009 hat MDS erheblich an der Kostenschraube in der Unternehmensgruppe gedreht. Sei es im Rahmen der Integration des Berliner Verlages/MOPO in die MDS-Gruppe (Synergien) oder die jüngsten Maßnahmen wie der Verkauf der FR (Insolvenz und Verkauf an die FAZ – ca. 500 Arbeitnehmer/innen), die Umstrukturierungen in Berlin (bisher rund 100 Arbeitnehmer/innen), der geplante Stellenabbau von über 60 Arbeitern in der Kölner Druckerei u.a.m.  Diesen Kurs wird man auch künftig beibehalten. Vor dem Hintergrund rückläufiger Anzeigenumsätze und stagnierender bis leicht sinkender Vertriebsumsätze wird man weiter an der Personalschraube drehen, um die verlorenen Marktanteile im Umsatz durch Personalkostenreduzierung zu kompensieren. 

Nicht nur Rendite, sondern Einbeziehung der Beschäftigten spielt für die Zukunft eine Rolle

Wir würden uns wünschen, dass es auf Unternehmensebene nicht nur eine Vertretung der Anteilseigner im Aufsichtsrat gibt, sondern künftig auch Arbeitnehmer/innen dort vertreten sind. In Medienunternehmen wie Gruner+Jahr oder Bertelsmann ist das seit Jahrzehnten üblich. Auch Zeitungsunternehmen (Saarbrücker Zeitung) haben solche Beteiligungsstrukturen. Sie ändern zwar nichts an der Ausrichtung der Unternehmensstrategie, aber die soziale Verantwortung von Vorständen bekommt einen anderen Touch, müssten sie sich doch bereits im frühen Fall damit auseinandersetzen. Moralisch muss man doch sagen: Das eigentliche Kapital sind die Beschäftigten, ohne sie würde keine Zeile geschrieben, kein Blatt Papier bedruckt, könnte keine Zeitung vertrieben oder Anzeige verkauft werden.   

Die Luft wird rauer mit einem neuen Vorstandsvorsitzenden

Aus Arbeitnehmer/innen-Sicht wird die Luft rauer. Der Druck aus dem Markt, hier vor allem dem Werbemarkt, bleibt hoch. Früher oder später wird es ein Projekt „Zukunft der Zeitungen bei MDS“ geben, um nach weiteren Einsparmöglichkeiten zu suchen.  Es sind die Verleger, die heute darauf verweisen, dass sie den digitalen Wandel verschlafen haben, aber die Arbeitnehmer/innen müssen dafür bezahlen. 

Wir werden sehen, wo die konkrete Reise der MDS-Gruppe unter Dr. Bauer gehen wird, ob man eben nicht nur optimiert, sondern den Wandel zum Medienunternehmen mit einem starken Standbein im Printgeschäft und wachsenden Anteilen im digitalen Geschäft vollzieht und auf eine Mannschaft setzt, die davon profitieren kann. 

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