In Hamburg muss die Gewerkschaftsbewegung sich der Frage der 100 prozentigen Übernahme der Netze durch die Stadt Hamburg – und nicht einer 25,1 Prozent Beteiligung – stellen. Die bisherige Debatte verweist darauf, dass es sich auch um eine grundlegende strategische Frage handelt, die auf die betroffenen betrieblichen Akteure verschoben wird.
Die Interessenvertretungen in den Betrieben der Energiewirtschaft reklamieren zu Recht die Sorge, dass es in dem Umgestaltungsprozess zu einem Arbeitsplatzabbau kommen wird. Die Gewerkschaften wie ver.di und die IG Metall haben sich für einen ökologisch-soziale Energiewende ausgesprochen. Das meint die Arbeitsplätze, das meint die Arbeits- und Entlohnungsbedingungen, dass meine aber auch die Rahmenbedingungen für die Zukunft der Menschheit überhaupt. Wer auf die Frage des “ob” einer Energiewende sein Ja gibt, der muss sich über den Weg , über das “wie” streiten. Wer für eine andere Dienstleistungspolitik ist, muss das „wie” er sich das vorstellt debattieren. Weder kann man die betrieblichen Interessenvertretungen alleine lassen, noch kommen diese daran vorbei, sich zu Umbruchsituationen zu verhalten. Einfach ist das alles nicht, also muss man reden.
Frank Bsirske sagte auf dem letzten ver.di-Bundeskongreß:„ … die Abkehr von einer Ökonomie der Maßlosigkeit und die Hinwendung zu einer solidarischen, verantwortungsbewussten und sozial gerechten Gestaltung der Gesellschaft verlangen zugleich einen anderen Umgang mit den natürlichen Voraussetzungen menschlichen Lebens. Der Klimawandel droht – wenn nicht massiv gegengesteuert wird – , zu einer Menschheitsbedrohung zu werden. Er stellt die Menschheit zum ersten Mal in ihrer Geschichte vor die Notwendigkeit, eine Entscheidung als Gattung treffen zu müssen. Und ihre Produktionsweise grundlegend zu ändern. Das verlangt ein entschiedenes Umsteuern in Richtung erneuerbarer Energien, im Rahmen einer Strategie der Entkopplung von Wachstum und Ressourcenverbrauch. Dazu braucht es eine ökologische Industrie- und Dienstleistungspolitik und nachhaltige Impulse zum ökologischen Umbau der Wirtschaftsstrukturen im Hinblick auf Mobilität und Abfallwirtschaft genauso wie in puncto Energieverbrauch.“ (Seite 15 vom Grundsatzreferat) Bsirske hat sich weiter auf dem Bundeskongress für eine Wende in der Dienstleistungspolitik ausgesprochen: „Es gilt, nicht alleine die bisherigen öffentlichen Dienstleistungen zu sichern, das auch. Es gilt auch nicht allein, die vorhandenen Dienstleistungen auszubauen, sondern wir brauchen neue Dienstleistungen für die Gesellschaft. Der demographische Wandel ist nicht nur ein Altersproblem, er ist auch ein Integrationsproblem. Wir stehen vor neuen kommunalen Aufgaben, um eine soziale Infrastruktur zu organisieren, wie sie einem demokratischen Gemeinwesen angemessen ist. Kommunale Dienstleistungen müssen dazu beitragen, den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu erhöhen und Chancengleichheit zu gewährleisten.“ (Seite 17 vom Grundsatzreferat)
Die Verträge entscheiden über die nächsten 20 Jahre und damit besteht eine Schnittpunkt zu einer Wende in der Energiepolitik
Die Hamburger Verteilnetze für Strom, Gas und Fernwärme sind aktuell unter der Kontrolle der Kohle- und Atomkonzerne Vattenfall (Strom und Fernwärme) und e.on (Gas). Mit dem Volksbegehren besteht die Chance, ihnen die Konzessionen für den Netzbetrieb zu entziehen und diese wichtige Infrastruktur für die Energieversorgung und die Umstellung auf Erneuerbare Energien ab 2015 wieder selbst zu betreiben. Die Gefahr besteht, das weitere 20 Jahre die Konzession bei E.on und Vattenfall liegen, die strategisch auf Profitmaximierung und die Verhinderung der Energiewende gepolt sind. Nur in öffentlicher Hand können wir die Energienetze für Klimaschutz und Daseinsvorsorge nutzen.
Hamburg bekommt eine wichtige Infrastruktur wieder in öffentliche Hände
Strategisch geht es darum, den Prozess der Privatisierung, wie er sich über Jahrzehnte vollzogen hat, zu stoppen und zu die Rolle der öffentlichen Haltung zu stärken. Das gescheiterte Volksbegehren „Keine Privatisierung gegen den Bürgerwillen!quot; war ein Aktivität in diese Richtung. Aus dessen Begründung: “Entscheidend für den öffentlichen Charakter dieser Unternehmen ist, dass sie dem Gemeinwohl der Stadt dienen und nicht privaten Gewinninteressen. Dazu gehört auch ganz wesentlich, dass ihre Leistungen für alle Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen zugänglich sind. Öffentliche Unternehmen sind daher in einer modernen Demokratie ein wesentliches Instrument zur politischen Gestaltung des Gemeinwesens – unseres Gemeinwesens Hamburg. … Die Bürgerinnen und Bürger Hamburgs als ideelle politische Eigentümer ihrer Unternehmen sollen die Möglichkeit erhalten, über derart grundlegende Entscheidungen selbst abzustimmen.“
Ein Unternehmen der öffentlichen Hand schafft aber neue Möglichkeiten der Einflussnahmen, sorgt dafür, dass das Parlament Einfluss nehmen kann und somit für die betrieblichen Interessenvertretungen ein größerer Raum an Gestaltung ergibt. Unter Konzernbedingungen kann man auf die Strategie, die irgendwo in der Welt auf einer Vorstandssitzung beschlossen worden ist, keinen Einfluss nehmen, höchsten örtlich bzw. nationalen mit den Folgen.
Dieses Begehren stärkt die gewerkschaftliche Position eines Richtungswechsels in der Energiepolitik und dem schnellstmöglichen Ausstieg aus der Atomenergie
Frank Bsirske hat auf dem ver.di-Bundeskongress entschieden gegen Instrumentalisierung der Atomausstiegsdebatte durch die Energiekonzerne gewendet: Entschieden gehen „ wir in den Widerstand, wenn jetzt ein Konzern wie E.ON – oder genauer gesagt der E.ON-Vorstand – so tut, als sei der Atomausstieg die Ursache seiner aktuellen Probleme. Das ist schlicht unredlich. Und nicht geeignet, den Abbau jedes siebten Arbeitsplatzes im Konzern zu rechtfertigen.“ „ver.di wird einen politischen Richtungswechsel hier genauso unterstützen wie den Ausstieg aus der Kernenergie. … Atomenergie taugt nicht als Brückentechnologie ins Zeitalter der erneuerbaren Energien.“
Die Übernahme des Netzbetriebes ist bezahlbar
Die Finanzierung dieser Übernahmen wurde selbst vom HWWA als einfach beschrieben, durch Kreditaufnahme. Auch Gutachten des Vorgängersenats haben diese Finanzierung als machbar angesehen.
Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz und verteidigen die Arbeitsbedingungen, setzen auf den Ausbau Mitbestimmung der Beschäftigten und Interessenvertretungen
Die Systematik der Betrachtung bezüglicher der Folgen für die Arbeitsplätze, der Einkommen der Beschäftigten und ihrer sozialen Rechte, der betrieblichen und Unternehmensmitbestimmung ergibt sich aus der gewerkschaftlichen Forderung nach einem Wandel. Wir sind weder für betriebsbedingte Kündigungen noch für Einkommensverluste. Es würde unserem Prinzip als Arbeitnehmerorganisation widersprechen. Wir wären dann nur verlängerter Arm eines Unternehmens, würden wir so etwas tolerieren.
Wir sind für die Sicherung und den Ausbau der betrieblichen und der Unternehmensmitbestimmung
Aus den verschiedenen Bewegungen gegen eine Privatisierung, aber auch den Prozesse der Restrukturierungen wissen wir um unser gewerkschaftliche Vorgehen. Am Beispiel so ziemlich aller Privatisierungen hat die Gewerkschaftsbewegung tarifliche Forderungen nach Überleitungstarifverträgen gefordert, um so die Einkommen der betroffenen Arbeitnehmer/innen zu sichern. Soweit Arbeitsplätze bedroht sind, findet dies im Rahmen der Überleitungstarifverträgen wie aber auch Sozialtarifvertragsforderungen auf. Am Beispiel E.ON hat sich aktuell die IG BCE Tarifkommission in der Tarifgemeinschaft Energie, dafür ausgesprochen, „das betriebsbedingte Beendigungskündigungen tarifvertraglich ausgeschlossen und die Personalauswirkungen sozial verträglich ausgestaltet werden sollen … Im Sinne der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer steht hier die Sozialverträglichkeit im Vordergrund.“
Die Debatte in den zuständigen gewerkschaftlichen Gliederungen um die Folgen eines Wandels in der Energiepolitik muss weitergeführt werden, in ver.di, aber auch zwischen den Gewerkschaften, die in der Energiewirtschaft die Interessen der Beschäftigten vertreten. Zu diesem Themenkomplex gehört auch, dass die neue Bereiche in der Energiewirtschaft keine mitbestimmungs- und tariffreie Zone werden. Insbesondere ver.di weiß an Beispiel der neuen Geschäftsstrategie zu Discountmärkten im Einzelhandel, dass man dieses Thema aufgreifen muss und mit wie viel Widerstand man auf Seiten der Unternehmen zu rechnen hat. Wir wissen aber auch, dass durch tarifliche Regelungen bei den Marktführern und der Erreichung unserer Durchsetzungsstärke die Branchenverhältnisse mit geprägt werden.
Die Forderung nach Rekommunalisierung soll den bisherigen Kurs der Privatisierung korrigieren, dass ist eine Frage der Vernunft. Aus den Diskussionen um die Rekommunalisierung und die Einflussnahmen der Betroffenen z.B. in der Energiewirtschaft stellt sich auch zu Recht die Frage der Unternehmensmit-bestimmung. Die IGM hat auf ihrem Gewerkschaftstag 2012 darauf hingewiesen, das es einer ernsthaften Unternehmensmitbestimmung bedarf und hier u.a. auf das VW-Gesetz verwiesen. Ob Unternehmensmitbestimmung oder die betriebsverfassungsrechtliche Beteiligung, es bedarf erweiterter Rechte der Interessenvertretungen bei den grundlegenden Fragen der Unternehmensentwicklung.